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Pfändbar ist ein zukünftiger Anspruch auf Rente, d. h. die Rentenanwartschaft (Anspruch G – nicht Anspruch B!). Die Rentenanwartschaft als Stammrecht ist stets unpfändbar (BGH, Vollstreckung effektiv 2003, 130 = ZVI 2003, 110 = WM 2003, 548 = ZInsO 2003, 330 = MDR 2003, 525 = NJW 2003, 1457 = Rpfleger 2003, 305 = KKZ 2003, 121 = FamRZ 2003, 1010 = DGVZ 2003, 118 = JurBüro 2003, 438), da diese gerade keine Sozialleistung darstellt. Zahlt der Schuldner seine Rentenversicherungsbeiträge, entsteht vielmehr eine nicht pfändbare Aussicht auf ein Recht. Die Pfändung erstreckt sich daher lediglich auf den Auszahlungsbetrag als Anspruch. Hingegen wird das sozialrechtliche Grundverhältnis, aus dem sich der Einzelanspruch ergibt (sog. Stammrecht), nicht gepfändet. Da die gepfändete Forderung dem Gläubiger nur zur Einziehung überwiesen wird (§ 835 Abs. 1 ZPO), ist der Schuldner weiterhin befugt, die sich aus dem Stammrecht ergebenden Rechte auszuüben. Dazu gehört z. B., dass der Rentenantrag noch zurückgenommen werden kann, nachdem er gepfändet wurde. Damit entfallen die Ansprüche auf die Einzelleistungen und die Pfändungswirkungen. Wenn und soweit ein Antrag nur formalrechtliche (verwaltungs-verfahrensauslösende) Bedeutung hat, soll dieser mit der Pfändung übergehen, sodass auch der Pfändungsgläubiger diesen Antrag stellen kann.
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Gleichwohl zeigt sich in der Instanzenrechtsprechung, dass gewisse Einschränkungen in der Pfändung von zukünftigen Renten gemacht werden: Wird neben der Pfändung des zukünftigen Rentenanspruchs zugleich die Pfändung einer Rentenanwartschaft – bzgl. derselben Drittschuldner – beantragt, besteht für die letztere kein Rechtsschutzinteresse, da die Pfändung der Rentenanwartschaft ein Synonym für die Pfändung zukünftiger Rentenansprüche ist (LG Osnabrück, InVo 1999, 24). Der Auffassung, die Pfändbarkeit einer Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente sei ausgeschlossen, wenn der Schuldner erkennbar weder erwerbs- noch berufsunfähig ist (LG Koblenz, Rpfleger 1998, 119 = JurBüro 1998, 161 m. Anm. Behr; a. A. AG Münster, JurBüro 1999, 105), ist der BGH (Vollstreckung effektiv 2004, 62) entgegengetreten. Die Pfändung unterliegt (ebenfalls) den pauschalierten Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und zwar ohne Abschläge für Minderbedarf auch bei nicht erwerbstätigen Schuldnern wie z. B. den Kosten für die Fahrt zur Arbeit und dergleichen (BGH, InVo 2004, 151 = Rpfleger 2004, 232 = MDR 2004, 471 = KKZ 2006, 65 = NJW-RR 2004, 1439 = FamRZ 2004, 439 = WM 2004, 398 = ZVI 2004, 44). Das gilt auch für Ansprüche auf Rentenzahlungen gegen das Versorgungswerk von Rechtsanwälten (BGHZ 160, 197 = WM 2004, 2316 = FamRZ 2004, 1963 = NJW 2004, 3770 = BGHReport 2004, 1649 = Rpfleger 2005, 34 = BRAK-Mitt 2005, 36 = MDR 2005, 236 = DVBl 2005, 245 = ZVI 2004, 673 = InVo 2005, 148 = BetrAV 2005, 82 = KKZ 2005, 209 = Vollstreckung effektiv 2004, 199 = VuR 2004, 453 = NJW-Spezial 2004, 382 = DStZ 2004, 888 = BB 2004, 2714 = FA 2004, 373 = Vollstreckung effektiv 2005, 16 = ZAP EN-Nr 13/2005 = JurBüro 2005, 160 = ProzRB 2005, 91).
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Bei der Pfändung muss der Gläubiger beachten, dass unterschiedliche Drittschuldner in Betracht kommen (Vollstreckung effektiv 2004, 62):
Bei Angestellten ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (ehemals BfA; vgl. Art. 82 § 1 RVOrgG) Drittschuldner (§§ 125 Nr. 2, 132 SGB VI). Ausnahme: Für Angestellte des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bahn AG ist die Bahnversicherungsanstalt, Hauptverwaltung, Drittschuldner.
Bei Arbeitern ist die örtl. zust. Landesversicherungsanstalt Drittschuldner (§§ 125 Nr. 1, 127 Nr. 1, 128 Nr. 1, 130 Abs. 1 SGB VI). Ausnahme: Für Arbeiter des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bahn AG ist die Bahnversicherungsanstalt Drittschuldner.
Für Seeleute, Küstenfischer und -schiffer ist Drittschuldner die Seekasse (§§ 127 Nr. 3, 128 Nr. 3, 129 Abs. 2 SGB VI), für Bergleute die Bundesknappschaft (§ 136 SGB VI) und für Landwirte, ihre Ehefrauen und mitarbeitende Familienangehörige die Wohngeld gehört nach § 26 SGB I zu den Sozialleistungen i. S. d. § 11 SGB I und ist zweckge-bunden. Es ist unpfändbar, soweit die Pfändung nicht wegen Ansprüchen erfolgt, die Gegen-stand der §§ 9 und 10 WoGG sind. 23 Zweck der Regelung ist es, auszuschließen, dass Gläubiger, die mit dem Wohnraum des Wohngeldempfängers (Schuldner) in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, auf das Wohngeld i. R.d. Pfändung zugreifen können. Andernfalls würde der Zweck des Wohngeldes – die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens (§ 1 Abs. 1 WoGG) – verhindert werden, weil das Wohngeld dann nicht mehr zur Bezahlung der Miete oder zur Aufbringung der Belastung verwendet werden kann. Landwirtschaftlichen Alterskassen (§§ 49, 50 ALG).
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(unbesetzt)