1 Normzweck – Anwendungsbereich
Rz. 1
Die Regelung steht im Zusammenhang mit § 846 ZPO und betrifft eine dort genannte Sonderregelung bei der Pfändung von Herausgabe- und Leistungsansprüchen einer unbeweglichen Sache wie z. B. Grundstücke, Bruchteilseigentum an Grundstücken, Grundstückzubehör (§ 1120 BGB), Wohnungseigentum, Gebäudeeigentum oder Erbbaurecht (§§ 864, 865 ZPO). Unanwendbar ist § 866 Abs. 3 ZPO, da die gepfändeten Ansprüche dem beweglichen Vermögen zuzuordnen sind und nicht unmittelbar in das betroffene Grundstück vollstreckt wird (Musielak/Voit/Becker, § 848 Rn. 1 m. w. N.). Anwendbar ist hingegen § 867 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. Abs. 3 ZPO (LG Stuttgart, 8.9.2003, 1 T 58/03 – Juris).
2 Pfändung
Rz. 2
Die Pfändung des Herausgabeanspruchs erfolgt durch einen Pfändungsbeschluss des zuständigen Vollstreckungsgerichts (§ 828 ZPO) nach § 829 ZPO. Insoweit kann vollinhaltlich auf das zu § 847 ZPO (Rz. 2 ff.) Ausgeführte verwiesen werden. Eine Vorpfändung ist möglich (§ 845 ZPO). Wirksam wird die Pfändung mit Zustellung an den Drittschuldner gem. § 829 Abs. 3 ZPO. Eine Überweisung kann nur zur Einziehung nicht an Zahlungs statt zum Nennwert – weil es einen solchen nicht gibt – erfolgen (§ 849 ZPO). Im Hinblick auf § 28 GBO ist eine zweifelsfreie Bezeichnung des Grundstücks erforderlich. Zusätzlich tritt hierzu die Anordnung (auch wenn der Gläubiger dies nicht beantragt), dass die Sache an einen vom Gläubiger zu beauftragenden und namentlich zu benennenden Sequester herauszugeben ist (Abs. 1). Dieser nimmt die Funktion eines verwaltenden Treuhänders wahr. Die Anordnung kann nachgeholt werden (LG Berlin, MDR 1977, 59). Sie stellt eine behördliche Anweisung dar, bei deren Verstoß eine Haftung des Drittschuldners entstehen kann (BGH, MDR 1980, 1016 = WM 1980, 870 = DB 1980, 1937 = RIW 1981, 267).
Rz. 3
Ist das örtlich zuständige Vollstreckungsgericht (§ 828 Abs. 2 ZPO) zugleich das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, kann die Sequesterbestellung im Pfändungsbeschuss erfolgen. Andernfalls muss der Gläubiger mit seinem Bestellungsantrag die Herausgabeanordnung und den Erlass, nicht die Zustellung, des Pfändungsbeschlusses nachweisen (Musielak/Voit/Becker, § 848 Rn. 2; Zöller/Herget, § 846 Rn. 3). Die Übernahme des Amtes als Sequester durch eine juristische oder natürliche Person sollte vorher durch den Gläubiger geklärt werden, da keinerlei Verpflichtung besteht, ein solches Amt zu übernehmen. Das Vollstreckungsgericht ist nicht an Vorschläge des Gläubigers gebunden. Bei mehrfacher Pfändung gilt § 855 ZPO.
3 Die Wirkung der Pfändung
3.1 Pfändung des (bloßen) Herausgabeanspruchs (Absatz 1 und 3)
Rz. 4
Mit der Wirksamkeit der Pfändung des Herausgabeanspruchs durch Zustellung an den Drittschuldner (§ 828 Abs. 3 ZPO) entsteht an diesem Anspruch ein Pfändungspfandrecht. Weder die in dem Pfändungsbeschluss enthaltene Anordnung auf Herausgabe an den Sequester noch das mit Wirksamkeit der Pfändung entstandene Pfandrecht ermächtigen den Gläubiger, daraus zwangsweise vorzugehen, weil es an einem Herausgabetitel fehlt. Der Drittschuldner, der sich weigert, das Grundstück an den Sequester herauszugeben, muss klageweise auf Herausgabe an den Sequester in Anspruch genommen werden. Ein obsiegendes Herausgabeurteil ist nach § 885 ZPO zu vollstrecken (Musielak/Voit/Becker, § 848 Rn. 3).
Ist der Sequester – entweder durch freiwillige Leistung des Drittschuldners oder auch zwangsweise – in den Besitz des Grundstücks gelangt, endet die Zwangsvollstreckung nach Abs. 1. Es findet nunmehr die (neue) Zwangsvollstreckung in das Grundstück (die unbewegliche Sache) nach den für die Vollstreckung in unbewegliche Sachen geltenden Bestimmungen (§§ 866 ff. ZPO) statt (Abs. 3).
Rz. 5
Da für eine solche Zwangsvollstreckung der Schuldnerbesitz und damit die Herausgabe der Sache im Regelfall entbehrlich ist, weil die Eintragung einer Sicherungshypothek und die Anordnung der Zwangsversteigerung unabhängig vom Schuldnerbesitz erfolgen können, kommt der Zwangsvollstreckung in den Herausgabeanspruch nur im Hinblick auf die Anordnung der Zwangsverwaltung Bedeutung zu (Stöber, Rn. 2041). Hinzu kommt, dass die Pfändung des Herausgabeanspruchs für die nach Herausgabe an den Sequester folgende Zwangsvollstreckung keine Anwartschaft, kein Vorrecht und kein Pfand- oder Sicherungsrecht (Rang) wahrt.
3.2 Pfändung des Übereignungsanspruchs vor Entstehung einer Auflassungsanwartschaft
Rz. 6
Ist hingegen der Anspruch auf Übertragung des Eigentums (der sich z. B. aus Kaufvertrag, §§ 433 Abs. 2, 311b BGB, ergeben kann) gepfändet und diese Pfändung wirksam (§ 829 Abs. 3 ZPO), hat die Auflassung (§§ 873, 925 BGB) an den Sequester als Vertreter des Schuldners zu erfolgen (Abs. 2 Satz 1). Die Einigung hat dahin gehend zu erfolgen, dass der Schuldner Eigentümer werden soll (BayObLG, Rpfleger 1989, 396). Der Sequester, dem gegenüber die Auflassung an den Schuldner erklärt wurde, ist seinerseits befugt, die Aufnahmeerklärung des Schuldners in der nach § 29 GBO erforderlichen Form abzugeben und den Antrag auf Eintragung im Grundbuch zu stellen (Stöber, Rn. 2045 ff.).
Rz. 7
Das Pfändungspfandrecht beschränkt lediglich zugunsten des Pfändungsgläubigers die Verfügungsbefugni...