Rz. 15

Der Schuldner, der eine Sache mit der Abrede erwirbt, dass er Eigentum an ihr erst erlangen solle, wenn er den Kaufpreis voll gezahlt, erwirbt mit der Aushändigung der Sache neben dem Besitz und der Nutzungsmöglichkeit eine Eigentumsanwartschaft, die einen selbständigen Vermögenswert darstellt. Überträgt der Schuldner an einer ihm gehörigen Sache an einen Dritten Sicherungseigentum und ist vereinbart, dass er die Sache weiter nutzen darf (§ 930 BGB) und das Eigentum an derselben ohne weiteres dann an den Schuldner zurückfällt, wenn er die gesicherte Forderung getilgt habe, so steht dem Schuldner ebenfalls eine Eigentumsanwartschaft zu. In beiden Fällen erwirbt der Schuldner ohne weitere Mitwirkung eines der Beteiligten bei Eintritt der vereinbarten Bedingung (§ 158 BGB) das Eigentum an der Sache. Nach Eintritt dieser Bedingung kann die Sache von Gläubigern beim Schuldner im Wege der Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher gepfändet werden. Vor Eintritt der Bedingung gehört die Sache nicht zu dem Vermögen des Schuldners, kann also bei ihm auch nicht im Wege der Sachpfändung gepfändet werden. Würde sie gleichwohl – als in seinem Besitz befindlich – vom Gerichtsvollzieher gepfändet, könnten der Vorbehaltsverkäufer oder der Sicherungsnehmer ihr an der Sache (weiter) bestehendes Eigentum im Wege der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) geltend machen.

 

Rz. 16

Das Anwartschaftsrecht unterliegt der Pfändung nach den §§ 857, 829 ZPO. Die wirksame Beschlagnahme erfordert jedoch die Ergänzung der Rechtspfändung durch eine Sachpfändung des Gerichtsvollziehers, also die Pfändung der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Sache (sog. Doppelpfändung, BGH, NJW 1954, 1325). Ist allerdings die Sachpfändung unzulässig (§ 811 ZPO), darf auch das Anwartschaftsrecht nicht gepfändet werden (LG Berlin, DGVZ 1965, 91). Die Pfändung des Anwartschaftsrechts mit anschließender Sachpfändung ermöglicht dem Gläubiger – später – die Befriedigung aus dem Gegenstand, der entweder durch Teilzahlung des Kaufpreises erworben oder durch Teilrückzahlung z. B. eines durch ihn gesicherten Darlehens in das Vermögen des Schuldners zurückfallen soll. Die Befriedigungsaussichten einer späteren Verwertung hängen deshalb maßgeblich davon ab, welche Zahlungen der Schuldner an den Verkäufer oder den Sicherungsnehmer bereits geleistet hat. Einen praktischen Wert hat die Pfändung nur dann, wenn lediglich noch geringe Zahlungen zu leisten sind. Nur dann "lohnt" sich für den Gläubiger eine Ablösung der Restforderung des Verkäufers oder Sicherungsnehmers.

 

Rz. 17

Die Pfändung des Anwartschaftsrechts erfolgt durch Pfändungsbeschluss, der dem Drittschuldner zuzustellen ist (§ 829 Abs. 3 ZPO). Drittschuldner ist der Eigentümer des Gegenstandes (vgl. hierzu Stöber, Rn. 1489). Mit der Zustellung an ihn ist die Pfändung bewirkt. Mit der Pfändung und der Überweisung zur Einziehung (eine Überweisung an Zahlungs statt verbietet sich, da das Anwartschaftsrechts keinen Nennwert hat, § 835 Abs. 1 ZPO) erwirbt der Gläubiger nur ein auf das Anwartschaftsrecht selbst bezogenes Pfandrecht. Dieses setzt sich – bei Eintritt der Bedingung und Eigentumserwerb durch den Schuldner – nicht an dem Gegenstand fort. Der Schuldner erwirbt das Eigentum vielmehr unbelastet. Aus diesem Grund ist neben der Rechtspfändung die Sachpfändung notwendig. Solange keine Sachpfändung erfolgt ist, kann der Schuldner über den Gegenstand verfügen (nicht über das Anwartschaftsrecht). Die Pfändung des Anwartschaftsrechts allein verbietet lediglich die Übertragung desselben seitens des Schuldners. Dem Schuldner bleibt es überlassen, Zahlungen an den Eigentümer zu leisten.

 

Rz. 18

Der Gläubiger erlangt durch die Pfändung – allein des Anwartschaftsrechts – die Befugnis, den Restkaufpreis oder z. B. das Restdarlehen an den Eigentümer des Gegenstandes zu zahlen und dadurch den Eigentumsübergang auf den (seinen) Schuldner herbeizuführen. Weder kann der Eigentümer die Annahme der Zahlung verweigern, noch kann der Schuldner der Zahlung seitens des Gläubigers widersprechen (§ 267 BGB). Schließlich gibt sie ihm das Recht auf Auskunft (§ 840 ZPO), was für die Strategie des Gläubigers von Bedeutung sein kann. Eine Verwertung nur des Anwartschaftsrechts, die durch Veräußerung möglich wäre (§ 844 ZPO), ist im Grunde uninteressant, da das Anwartschaftsrecht für Dritte keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert hat, weil es mit der Erstarkung zum Vollrecht untergeht.

 

Rz. 19

Die – notwendige – Sachpfändung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher nach den allgemeinen Bestimmungen (§§ 808 ff. ZPO). Sie kann vor oder nach Pfändung des Anwartschaftsrechts vorgenommen werden. Nach Pfändung des Anwartschaftsrechts kann der Drittschuldner der Pfändung nicht nach § 771 ZPO widersprechen, wenn entweder der Schuldner die vereinbarten Raten weiterzahlt oder der Gläubiger sich zur Zahlung derselben bereit erklärt. Mit der Pfändung der Sache erwirbt der Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an dieser (§ 804 Abs. 1 ZPO). Für dieses Pfandrecht w...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge