1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Zusammen mit § 865 ZPO bestimmt die Vorschrift die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegenden Gegenstände. Für die Grundstücke und die grundstücksgleichen Rechte ergibt sich bereits aus der Natur der Gegenstände die Zuweisung zur "Immobiliarvollstreckung". Bezüglich der Schiffe und Schiffsbauwerke ergibt sich dies aus der überkommenen Gleichbehandlung mit den Grundstücken. Über die in der Vorschrift genannten Gegenstände und Berechtigungen hinaus sind Luftfahrzeuge und Hochseekabel kraft sondergesetzlicher Regelung unbewegliches Vermögen in vollstreckungsrechtlicher Hinsicht. Die Einbeziehung auch der Miteigentumsanteile (Abs. 2) folgt daraus, dass sie selbständige Gegenstände von Verfügungen, insbesondere auch von Belastungen, sein können (MünchKomm/ZPO-Smid, § 864 Rn. 1). Die Regelung gilt auch in der Verwaltungsvollstreckung (§ 322 AO).
2 Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (Absatz 1)
Rz. 2
Grundstück im Rechtssinn ist ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als ein Grundstück eingetragen ist, sei es, dass er nach § 3 GBO im Grundbuch eine besondere Stelle (eigenes Grundbuchblatt) erhalten hat, sei es, dass er auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt (§ 4 GBO) eine eigene Nummer führt. Entscheidend für die Klassifizierung als ein selbständiges Grundstück und die Zuordnung zu einem bestimmten Schuldnervermögen ist das Grundbuch bzw. die dort verzeichneten Einträge. Es kommt nicht auf den "optischen Eindruck" oder die "Nutzungsart" an. Zum Grundstück gehören auch dessen Bestandteile (§§ 93, 94, 96 BGB), nicht indes die Scheinbestandteile (§ 95 BGB), die wie bewegliche Sachen behandelt und dem Vermögen des tatsächlichen Eigentümers zugeordnet werden. Die Entscheidung, ob ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder ein Scheinbestandteil gegeben ist, richtet sich nach den Bestimmungen des BGB (§§ 93 bis 96 BGB). Ein Scheinbestandteil kann allerdings Grundstückszubehör (§ 97 BGB) sein und als solches der Immobiliarvollstreckung unterliegen. Eine Sonderregelung für Früchte auf dem Halm enthält § 810 ZPO.
Rz. 3
Grundstücksgleiche Rechte sind das Erbbaurecht (§§ 1 Abs. 1, 11 ErbbauVO; BFH, DB 2012, 1851 = DStR 2012, 1655), das Wohnungs- und Teilerbbaurecht (§ 30 Abs. 1 WEG; nicht Dauerwohn- und -nutzungsrecht, § 31 WEG; Pfändung erfolgt nach § 857 ZPO), die bergrechtlichen Berechtigungen (Bergwerkseigentum, das aufrechterhaltene alte Bergwerkseigentum sowie dingliche Gerechtigkeiten bezüglich von Bodenschätzen; §§ 9, 149 Abs. 1 Nr. 9, 151, 149 Abs. 1 Nr. 5, 156 BBergG) aufgrund des Bundesberggesetzes vom 13.8.1980 (BGBl. I S. 1310), die Bahneinheit (Art. 112 EGBGB) und andere landesrechtliche grundstücksgleichen Rechte (vgl. MünchKomm/ZPO-Smid, § 864 Rn. 22). Wohnungseigentum (§ 1 Abs. 2 WEG) und das Teileigentum an anderen Räumen des Gebäudes (§ 1 Abs. 3 WEG) sind ebenfalls nicht als grundstücksgleiche Rechte i. S. v. Abs. 1 anzusehen, sondern wie Bruchteilseigentum nach Abs. 2 zu behandeln (Zöller/Seibel, § 864 Rn. 2). Im Schiffsregister eingetragene Schiffe und die Schiffsbauwerke sind wie Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte zu behandeln (§§ 2, 3, 77 SchiffsRG). Alle übrigen Schiffe werden in der Zwangsvollstreckung wie bewegliche Sachen behandelt. Auch inländische Luftfahrzeuge, die in der Luftfahrzeugrolle oder in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, unterliegen der Immobiliarvollstreckung (§ 99 LuftfzRG; § 171a ZVG). Ein nicht eingetragenes Luftfahrzeug und die Ersatzteile für Luftfahrzeuge unterliegen der Mobiliarvollstreckung (§ 100 LuftfzRG). Hinsichtlich ausländischer Luftfahrzeuge gilt das Ausgeführte nur eingeschränkt (MünchKomm/ZPO-Smid, § 864 Rn. 27).
3 Bruchteilseigentum am unbeweglichen Vermögen (Absatz 2)
Rz. 4
Nach § 864 Abs. 2 ZPO ist die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks grundsätzlich nur zulässig, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Das kann jeder Anteil i. S. v. §§ 741 ff., 1008 BGB sein, auch der nach § 3 Abs. 6 GBO gebuchte, nicht aber ein Gesamthandsanteil wie Gesellschaftsvermögen (§ 719 BGB, §§ 736, 859 Abs. 1 ZPO) oder das Nachlassgrundstück einer Erbengemeinschaft (§§ 2032, 2040 BGB, §§ 747, 859 Abs. 2 ZPO; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 21.7.2017, 12 Wx 12/17 – Juris). Steht das Grundstück im Eigentum mehrerer Miteigentümer (§ 741 BGB), unterliegt es der Immobiliarvollstreckung, wenn es sich entweder um den im Grundbuch eingetragenen (§ 47 GBO) Anteil eines Miteigentümers nach § 1008 BGB handelt (vgl. auch OLG München, ZAP EN-Nr 493/2009) oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit dem der Bruchteil als solcher noch belastet ist.
Rz. 5
Die Zwangsvollstreckung in einen Grundstücksmiteigentumsanteil nach Vereinigung aller Grundstücksteile zu Alleineigentum ist streitig.
Die Belastung eines früheren, nicht mehr bestehenden Miteigentumsanteils ist grundsätzlich unzulässig (BGH, FamRZ 2013, 1734 = Rpfleger 2013, 668 = Rpfleger 2014, 9 = NJW 2013, 3786 = ErbR 2014, 29 = ZErb 2014, 54 = DNotZ 2014, 108).
§ 864 Abs. 2 Fall 1 ZPO schließt die Zwan...