Rz. 9
Im Fall des Satz 1 gilt die Willenserklärung mit der Rechtskraft des Urteils, im Fall des Satz 2 mit Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung als abgegeben (so im Ergebnis OLG München, Beschluss v. 20.2.2012, 34 Wx 6/12 – Juris). Ein vorläufig vollstreckbares Urteil ist nicht ausreichend (OLG München, Beschluss v. 28.1.2014, 34 Wx 508/13 – Juris). Eine einstweilige Verfügung ist ausnahmsweise dann zuzulassen, wenn dringende Gründe bestehen (LAG Berlin AA 2012, 111: für Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG). Die Fiktionswirkung tritt bereits mit Erlass der einstweiligen Verfügung ein (OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.8.2013, 5 U 135/13 m. w. N. –, juris).
Rz. 9a
Eine Verurteilung gemäß § 894 Satz 1 ZPO fingiert zwar die Abgabe der Willenserklärung des Schuldners in der für ihre Wirksamkeit notwendigen Form (BGH, Urteil v. 14.2.2008, III ZR 145/07 – Juris Rn. 12; BayObLG, WM 1983, 1118, 1120), ersetzt aber nicht die weiteren zur Vollendung des Rechtsgeschäfts erforderlichen Voraussetzungen (BGH, BGHZ 82, 292, 297). Insbesondere wird die notwendige Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch Dritte nicht entbehrlich (BGH, ZInsO 2018, 1789 = NJW-RR 2018, 1007 = VersR 2018, 1130: nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO erforderliche Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters).
Rz. 9b
Die Wirkung nach Satz 1 ist unmittelbar und direkt; sie tritt ohne weiteres mit Rechtskraft zugunsten des Berechtigten ein (OLG München, Rpfleger 2009, 228 m. w. N.; eine weitere Vollstreckung ist nicht notwendig (KG Berlin, ZInsO 2012, 1170 = Rpfleger 2012, 525). Insofern treten dann alle diejenigen Rechtsfolgen ein, die eine im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft abgegebene Erklärung haben würde (BAG, NJW 1978, 72 = DB 1977, 1190; BAG, NJW 2010, 461 = BB 2009, 2757 = EBE/BAG Beilage 2010, Ls 4/10 = EzA-SD 2009, Nr 26, 6-7 = ArbuR 2010, 43 = NJW-Spezial 2010, 52 = ArbR 2010, 42; so im Ergebnis BGH, WuM 2011, 423 = MDR 2011, 839: Zustimmung zur Mieterhöhung). § 894 ZPO wirkt nicht stärker und nicht schwächer als eine rechtsgeschäftliche Erklärung. Ist der Schuldner daher im Zeitpunkt der Rechtskraft nicht legitimiert, eine Erklärung abzugeben, etwa, weil er seine frühere Legitimation durch Veräußerung verloren hatte und dies auch nicht durch die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb von Nichtberechtigten geheilt wird, gilt zwar die Fiktion, verfehlt aber ihr Ergebnis (vgl. auch OLG München, Beschluss v. 24.2.2010, 34 Wx 4/10 – Juris). Auf Grund dieser Rechtsfolge, erfordert das Bestimmtheitsgebot nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass der Klageantrag - ggf. i. V. m. der Klagebegründung - die wesentlichen Bedingungen festlegt (BAG, RiA 2009, 203 = AP Nr 31 zu § 57b HRG; vgl. auch Rz. 3). Eine erforderliche Genehmigung gilt somit als erteilt. Das rechtskräftige Urteil ersetzt die notwendigen (Willens-) Erklärungen des Schuldners (BayObLG, Rpfleger 1983, 390; OLG Köln, InVo 1999, 323) – nicht des Gläubigers oder eines Dritten – in der erforderlichen Form, ebenso fehlende Geschäftsfähigkeit oder Verfügungsbefugnis. Nicht hingegen werden sonstige für die Rechtswirksamkeit eines Rechtsgeschäfts erforderliche Voraussetzungen, insbesondere die des § 925 BGB fingiert. Deshalb muss der Gläubiger seinerseits unter Vorlage des Urteils eine Grundstücksauflassung vor einem Notar erklären (so auch KG Berlin, ZInsO 2012, 1170 = Rpfleger 2012, 525). Denn der zur Abgabe der Willenserklärung verurteilte Schuldner ist nunmehr – in der Form des verurteilenden Erkenntnisses – als "anwesend" i. S. d. § 925 BGB anzusehen.
Rz. 10
Wurde der Schuldner als GmbH-Gesellschafter dazu verurteilt, der Bestellung eines Geschäftsführers zuzustimmen, ersetzt das rechtskräftige Urteil nicht den erforderlichen Gesellschafterbeschluss (BGH, NJW-RR 1989, 1056 = NJW 1989, 2697. Der Eintritt der Fiktionswirkungen ist Akt der Zwangsvollstreckung (OLG Köln, InVo 1999, 323). Weitere Vollstreckungsmaßnahmen sind weder nötig noch zulässig. Verfahrensrechtliche Wirkung des Eintritts der Fiktion ist daher in der Regel die Beendigung der Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Abgabe der Willenserklärung (Hanseatisches OLG Hamburg, MDR 1998, 1051 = InVo 1999, 154).
Rz. 11
Das rechtskräftige Urteil ersetzt im Grundbuchverfahren die Berichtigungsbewilligung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 15.5.2014, 12 Wx 72/13 – Juris; OLG München, FGPrax 2012, 104; OLG München, FGPrax 2012, 104). Eine Grundbuchberichtigung verlangt zwar zusätzlich noch die schlüssige Darlegung der Unrichtigkeit, indessen aber nicht den Unrichtigkeitsnachweis. Ist schlüssig dargelegt, dass das Grundbuch unrichtig ist und durch die beantragte Eintragung richtig würde, so hat das Grundbuchamt die dazu vorgetragenen Tatsachen ohne Nachprüfung als richtig zu unterstellen. Dies folgt aus der beurkundenden Funktion der Berichtigung, die gerade nicht eine Rechtsänderung zum Gegenstand hat. Den Eintragungsantrag darf das Grundbuchamt nur ablehnen, wenn es auf Tatsachen begründete sichere Kenntnis...