Zusammenfassung
Die Regelung wurde mit Wirkung zum 1.12.2021 durch das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG; BGBl. I 2020, S. 2466) eingeführt.
Die Vorschrift regelt den vom Schuldner zu erbringenden Nachweis der Erhöhungsbeträge (vgl. § 902 ZPO). In diesem Zusammenhang besteht eine Verpflichtung zur Ausstellung von Bescheinigungen. Die Rechtslage bis zum 30.11.2021 hat gezeigt, dass bei der Ausstellung von Bescheinigungen zur Erhöhung des unpfändbaren Grundfreibetrages, zu der die in § 850k Abs. 5 Satz 2 ZPO a. F. genannten Stellen bislang berechtigt, aber nicht verpflichtet waren (vgl. (BT-Drucks. 16/7615, 20), häufig dadurch Probleme aufgetreten sind, dass der Schuldner erst mehrere Stellen aufsuchen musste, bevor er eine Bescheinigung erhielt. In Absprache mit dem Zentralen Kreditausschuss des Bankenverbands hat die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände daher eine Musterbescheinigung zur Bestätigung unpfändbarer Einkommenseingänge auf einem Girokonto veröffentlicht (Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, ZPO § 850k Rn. 48, beck-online). Mit der gesetzlichen Lösung der Probleme bei der Erlangung von Bescheinigungen und Nachweisen zur Erhöhung des automatisch geschützten Grundfreibetrages auf der Stufe 2 des Kontopfändungsschutzes befassen sich daher die Vorschriften der §§ 903 bis 905 ZPO.
1 Schutz des Kreditinstituts (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 1
Abs. 1 Satz 1 ZPO stellt klar, dass das Kreditinstitut als Drittschuldner vor Ansprüchen des Schuldners geschützt ist, wenn es – ungeachtet des Vorliegens von Erhöhungsbeträgen gemäß § 902 ZPO – an den Gläubiger aus dem gepfändeten Guthaben leistet. Die Leistung an den Gläubiger hat somit befreiende Wirkung gegenüber dem Schuldner, wenn dieser den Nachweis nach Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht erbringt (BT-Drucks. 19/19850, 39). Im Falle der Nachweiserbringung besteht eine Leistungsverpflichtung seitens des Kreditinstituts, weil dann nach § 902 Satz 1 ZPO kraft Gesetzes eine Unpfändbarkeit besteht (vgl. § 902 Satz 1 ZPO) zumal durch den Drittschuldner ohne Mühe die Berechnung des pfandfrei zu belassenen Betrages vorgenommen werden kann (AG Greiz, FoVo 2017, 87). Erst wenn der Schuldner glaubhaft machen kann, dass er eine benötigte Bescheinigung von einer berechtigten Stelle nicht in zumutbarer Weise erlangen kann, hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners eine Festsetzung der Erhöhungsbeträge zu beschließen (§ 905 ZPO; vgl. AG Hannover, ZVI 2011, 230, 231; AG Steinfurt, FoVo 2015, 168; AG Greiz, FoVo 2017, 87; AG Wiesbaden, FoVo 2019, 13).
Rz. 2
Für die Frage, ob ein Schuldner den Nachweis gegenüber dem Kreditinstitut tatsächlich führen kann, ist allein maßgeblich, ob er über ausreichende Bescheinigungen nach Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 ZPO verfügt. Ist dies der Fall, so kann er den Nachweis führen. Ob das Kreditinstitut die Nachweise tatsächlich anerkennt, ist für die Frage der Nachweismöglichkeit daher nicht entscheidend (LG Essen, ZVI 2011, 64). Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelungen zum P-Konto, die zum einen zum Ziel haben, dem Schuldner eine möglichst unkomplizierte und effektive Möglichkeit zu bieten, seine Pfändungsschutzrechte durchzusetzen (BT-Drucks. 16/7615, 1). Zum anderen soll die Verlagerung der primären Prüfungskompetenz auf die Kreditinstitute zu einer Entlastung der Vollstreckungsgerichte führen (BT-Drs. 16 /7615, 18). Dieser Zweckrichtung würde es zuwider laufen, wenn es letztlich zur Disposition der Kreditinstitute stehen würde, ihre übertragenen Aufgaben und Verantwortungsbereiche auszufüllen oder durch Verweigerung einer Entscheidung trotz ausreichendem Nachweis die Entscheidungskompetenz zurück auf die Vollstreckungsgerichte zu übertragen. Dies gilt umso mehr, als diese Praxis für den Schuldner entgegen dem Gesetzeszweck zu einer ganz erheblichen zeitlichen Verzögerung bei der Durchsetzung seiner Pfändungsschutzrechte führen würde.
2 Bescheinigungsstellen
Rz. 3
Satz 2 führt auf, welche Stellen für das Ausstellen einer Bescheinigung in Betracht kommen. Andere als die genannten Stellen kommen nicht in Betracht ("Der Nachweis ist zu führen ..."). Kann der Schuldner glaubhaft machen, dass er eine benötigte Bescheinigung nicht in zumutbarer Weise von den genannten Stellen erlangen kann, so hat das Vollstreckungsgericht die Erhöhungsbeträge auf Antrag des Schuldners durch Beschluss festzusetzen (vgl. § 905 ZPO).
2.1 Familienkassen, Sozialleistungsträger, Geldleistungen gewährende Einrichtungen (Nr. 1)
Rz. 4
Nr. 1 entspricht im Wesentlichen dem bis zum 30.11.2021 geltenden § 850k Abs. 5 Satz 2 ZPO a. F. Legt demnach der Schuldner dem Kreditinstitut eine Bescheinigung der zuständigen Familienkasse, des Sozialleistungsträgers bzw. einer mit der Gewährung von Geldleistungen i. S. d. § 902 Satz 1 ZPO befassten Einrichtung (z. B. Bundesstiftung "Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens", sowie die mit der Gewährung von unpfändbaren Geldleistungen nach bundesrechtlichen Vorschriften zuständigen Stellen, etwa der nach dem Conterganstiftungsgesetz zuständige Stiftungsvorstand; BT-Drucks. 19/19850, 39) vor, so kann er dadurch nachweisen, dass er zusätzlich zu seinem Grundfreibetra...