Leitsatz

1. Kosten für die laufende Grabpflege nach der erstmaligen Herrichtung sind keine Beerdigungskosten i.S.d. § 1968 BGB und somit keine Nachlassverbindlichkeiten.

2. Ein Nachlasspfleger, zu dessen Wirkungskreis die Verwaltung des Nachlasses zählt, ist jedenfalls dann zur Bedienung von Nachlassverbindlichkeiten befugt, wenn durch die Befriedigung des Gläubigers unnötige Kosten und Prozesse vermieden werden.

 

Sachverhalt

Per Testament hatte der geschiedene Erblasser seinen Sohn, den Kläger, enterbt und seine (vorverstorbene) Lebensgefährtin zur Alleinerbin bestimmt. Die Beklagten sind die nächsten gesetzlichen Erben (3. Ordnung).

Für den Nachlass des Erblassers wurde zunächst der Nachlasspfleger A eingesetzt, dessen Wirkungskreis die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Erbenermittlung erfasste. Nachdem der Kläger ggü. A seinen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hatte, übersandte dieser ihm ein Nachlassverzeichnis. Hieraufhin bezifferte der Kläger seinen Anspruch pauschal mit 25.000,00 EUR und verlangte von A Zahlung und Ermittlung des Nachlasswertes. Im Folgenden bezifferte er den ihm zustehenden Pflichtteil auf 42.974,12 EUR, setzte dem Nachlasspfleger eine Frist zum 06.11.2007 und kündigte die gerichtliche Durchsetzung der Forderung an. A verweigerte die Zahlung, da die Befriedigung von Nachlassgläubigern nicht zu seinen Aufgaben gehöre.

Nach der Ermittlung der Erben forderte der Kläger diese unter Fristsetzung zur Zahlung auf und stellte gerichtliche Schritte in Aussicht. Die Beklagten verweigerten die Zahlung und beriefen sich darauf, dass der Nachlasswert unbekannt sei.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger 42.974,12 EUR. Nach Teilanerkenntnis und übereinstimmender Erledigterklärung streiten die Parteien noch über einen Restbetrag von 3.874,12 EUR und die Kosten.

Die streitige Differenz ergibt sich aus der unterschiedlichen Bewertung des Nachlasses und der Nachlassverbindlichkeiten. Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Kostentragungspflicht gem. § 93 ZPO nach sofortigem Anerkenntnis.

 

Entscheidung

Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Der Kläger hat gem. § 2303 Abs. 1 S. 1 BGB einen Pflichtteilsanspruch auf weitere 3.180,56 EUR. Da der Kläger einziger Erbe 1. Ordnung des geschiedenen Erblassers ist, beläuft sich sein Pflichtteilsanspruch auf 50 % des Nachlasswertes. Gem. § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB beträgt dieser die Wertdifferenz zwischen dem Aktiv- und Passivbestand des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls.

Als Passiva sind nämlich nur solche Nachlassverbindlichkeiten abziehbar, die auch bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge bestehen würden, also die Erlasserschulden sowie die sog. Erbfallschulden. Das sind solche Verbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen, weil (a) Rechtsgrund und Notwendigkeit der Erfüllung auf den Erbfall zurückgehen, (b) die Erfüllung auch im Interesse des Pflichtteilsberechtigten erfolgt oder (c) die Verbindlichkeit den Pflichtteilsberechtigten auch dann getroffen hätte, wenn er gesetzlicher Erbe wäre.

Abzugsfähig sind daher die Kosten, die unmittelbar mit der Bestattung zusammenhängen, da diese gem. § 1968 BGB der Erbe zu tragen hat. Die Kosten der laufenden Grabpflege sind nach st. Rspr. und h.M. dagegen keine Beerdigungskosten, da die Bestattung mit dem erstmaligen Herrichten der Grabstätte abgeschlossen ist. Die Grabpflege beruht nicht auf einer Rechtspflicht der Erben, sondern auf einer nur sittlichen Verpflichtung der nahen Angehörigen.

Dagegen wird in neuerer Zeit vereinzelt vertreten, dass auch die Kosten der Grabpflege (begrenzt auf ein Jahr) zu den Bestattungskosten zählen. Dies sei wegen der Einheit der Rechtsordnung erforderlich, da gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die Grabpflegekosten im Rahmen der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sein. Hiermit habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass dies Kosten seien, die den Erben notwendigerweise träfen.

Dem ist jedoch nicht zu folgen, da § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer betrifft. § 1968 BGB regelt allein die rein privatrechtliche Pflicht der Erben zur Tragung der Beerdigungskosten. Dies ist schon nicht vergleichbar; auch besteht kein zwingender Gleichlauf zwischen den Wertungen des Steuerrechts und denen des bürgerlichen Rechts.

Auch eine entsprechende Intention des Gesetzgebers lässt sich aus § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG nicht entnehmen, da § 1968 BGB spätestens im Zuge der letzten Änderung durch Art. 33 Nr. 312 des EGInsO von 1994 insoweit anzupassen gewesen wäre. Dies ist nicht geschehen, obwohl der Wortlaut der Norm (damals "standesgemäße Beerdigung") geändert wurde.

Die Kosten der Grabpflege sind daher auch weiterhin nur dann abzugsfähig, wenn der Erblasser die entsprechende Verbindlichkeit als Erblasserschuld bereits zu Lebzeiten begründet oder die Grabpflege testamentarisch den Erben auferlegt hätte. Beides ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar hatte der Nachlasspfleger ca. 6 Monate nach dem Tod des Erblassers eine ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge