Grundstücksgrenzen sind gedachte Linien, die ein Grundstück von einem anderen trennen. Zur äußeren Kennzeichnung dieser Grenzlinien dienen sichtbare Zeichen, die sog. Grenzmarken oder Grenzzeichen.
Die Abmarkung liegt zunächst im Interesse der beteiligten Nachbarn. Ihnen steht deshalb ein privatrechtlicher Abmarkungsanspruch zu (§ 919 BGB), soweit die gemeinschaftliche Grundstücksgrenze unstreitig ist und es nur darum geht, ihren Verlauf durch Grenzzeichen zu kennzeichnen oder von der Stelle gerückte bzw. unkenntlich gewordene Grenzzeichen durch neue zu ersetzen.
Ob eine Grundstücksgrenze abgemarkt werden soll, kann aber nicht immer den beteiligten Grundstückseigentümern überlassen bleiben. Vielmehr besteht auch ein öffentlich-rechtliches Abmarkungsinteresse, dessen Voraussetzungen in den Kataster- und Vermessungsgesetzen bzw. Abmarkungsgesetzen der Bundesländer geregelt sind.
Demgemäß muss man zwischen dem privatrechtlichen Abmarkungsanspruch einerseits und dem öffentlich-rechtlichen Abmarkungsanspruch als Rechtsfolge des öffentlich-rechtlichen Abmarkungsinteresses unterscheiden.
Soweit die Kataster- und Vermessungsgesetze bzw. Abmarkungsgesetze der Bundesländer eine öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht normieren, machen sie eine Abmarkungsklage nach § 919 BGB überflüssig. Denn bei Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Abmarkungspflicht genügt es in der Praxis, wenn sich der an der Abmarkung interessierte Grundstückseigentümer an die zuständige Kataster- und Vermessungsbehörde wendet, die antragsgemäß die Abmarkung auch gegen den Widerspruch des Grundstücksnachbarn vornimmt, soweit der Katasternachweis die einwandfreie Feststellung des Grenzverlaufs zulässt.
Wegen dieser Auswirkungen für die Praxis wird im Folgenden zunächst der öffentlich-rechtliche und erst danach der privatrechtliche Abmarkungsanspruch erläutert.
3.1 Öffentlich-rechtlicher Abmarkungsanspruch
3.1.1 Abmarkungsantrag
Da die Abmarkung einer gemeinschaftlichen Grenze von zwei angrenzenden Grundstücken die Rechtsposition beider Grundstücksnachbarn betrifft, kann das Abmarkungsbegehren des einen Grundstücksnachbarn nicht ohne Einverständnis des anderen Grundstücksnachbarn durchgesetzt werden. Von diesem Grundsatz geht auch § 919 BGB aus, der bei Widerspruch des einen Nachbarn dem anderen die klageweise Durchsetzung des Abmarkungsanspruchs ermöglicht.
Öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht
Das Einverständnis des Nachbarn ist aber dann unerheblich, wenn in den Kataster- und Vermessungsgesetzen bzw. Abmarkungsgesetzen der Bundesländer eine öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht der Grundstückseigentümer normiert ist, die auch gegen ihren Willen durchgesetzt und mit einem einfachen Antrag bei der Vermessungsbehörde "aktiviert" werden kann.
Ist dies der Fall, kommt man mit einem Abmarkungsantrag bei der zuständigen Kataster- und Vermessungsbehörde (vgl. Kap. 2.1) schneller an sein Ziel, als über den umständlichen Weg der klageweisen Durchsetzung des Abmarkungsanspruchs nach § 919 BGB, abgesehen davon, dass für eine solche Klage auch das Rechtschutzbedürfnis fehlen dürfte.
Regelungen der Bundesländer
Bundesland |
Regelung |
Bemerkungen |
Baden-Württemberg |
§ 6 Abs. 1 VermG BW |
Bis Dezember 2010 bestand eine Abmarkungspflicht. Seit der am 10.12.2010 in Kraft getretenen Änderung des Vermessungsgesetzes (GBl. S. 989) ist die öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht entfallen. Sie erfolgt seither auf Antrag (§ 6 Abs. 1 VermG BW). |
Bayern |
Art. 5 BayAbmG |
Ausnahmen von der Abmarkungspflicht sind in Art. 6 BayAbmG geregelt. |
Berlin |
§ 22 Abs. 1 VermGBln |
Grenzen "können" mit dauerhaften Grenzzeichen abgemarkt werden. Eine Abmarkungspflicht besteht nur, wenn Grenzen durch Urteil oder gerichtlichen Vergleich festgelegt werden oder wenn die Kennzeichnung im öffentlichen Interesse liegt (§ 22 Abs. 2 VermGBln). |
Brandenburg |
§ 15 BbgVermG |
Von einer Abmarkung kann abgesehen werden, wenn sie aufgrund vorhandener Grenzeinrichtungen nicht erforderlich oder wegen der Art oder Nutzung des Grundstücks nicht zweckmäßig ist (§ 15 Abs. 1 Satz 4 BbgVermG). Nach Satz 5 kann Antrag auf Unterlassung der Abmarkung gestellt werden, wenn das öffentliche Interesse nicht entgegensteht. |
Bremen |
§ 15 Abs. 1 VermKatG |
Jedes Grundstück muss abgemarkt werden. |
Hamburg |
§ 4 HmbVermG |
Der Verlauf der Flurstücksgrenzen wird auf Antrag oder von Amts wegen durch Vermessungsmarken (§ 7 HmbVermG) gekennzeichnet. |
Hessen |
§ 14 Abs. 1 HVGG |
Antragsverfahren |
Mecklenburg-Vorpommern |
§ 30 Abs. 1 GeoVermG M-V |
Ausnahmen, bei deren Vorliegen von einer Abmarkung abgesehen werden kann, sind in § 30 Abs. 2 und 3 geregelt. Nach Abs. 4 kann die Abmarkung auch zurückgestellt werden. |
Niedersachsen |
§ 4 NVermG |
Nach § 4 Abs. 4 NVermG werden die Grenzpunkte abgemarkt, wenn dies beantragt wird oder im öffentlichen Interesse erforderlich ist. |
Nordrhein-Westfalen |
§ 20 Abs. 1 VermKatG NRW |
Ausnahmen, bei deren Vorliegen von einer Abmarkung abgesehen werden kann, sind in § 20 Abs. 2 VermKat NRW geregelt. Nach Abs. 3 kann die Abmarkung auch zurückgestellt... |