3.1.1 Abmarkungsantrag
Da die Abmarkung einer gemeinschaftlichen Grenze von zwei angrenzenden Grundstücken die Rechtsposition beider Grundstücksnachbarn betrifft, kann das Abmarkungsbegehren des einen Grundstücksnachbarn nicht ohne Einverständnis des anderen Grundstücksnachbarn durchgesetzt werden. Von diesem Grundsatz geht auch § 919 BGB aus, der bei Widerspruch des einen Nachbarn dem anderen die klageweise Durchsetzung des Abmarkungsanspruchs ermöglicht.
Öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht
Das Einverständnis des Nachbarn ist aber dann unerheblich, wenn in den Kataster- und Vermessungsgesetzen bzw. Abmarkungsgesetzen der Bundesländer eine öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht der Grundstückseigentümer normiert ist, die auch gegen ihren Willen durchgesetzt und mit einem einfachen Antrag bei der Vermessungsbehörde "aktiviert" werden kann.
Ist dies der Fall, kommt man mit einem Abmarkungsantrag bei der zuständigen Kataster- und Vermessungsbehörde (vgl. Kap. 2.1) schneller an sein Ziel, als über den umständlichen Weg der klageweisen Durchsetzung des Abmarkungsanspruchs nach § 919 BGB, abgesehen davon, dass für eine solche Klage auch das Rechtschutzbedürfnis fehlen dürfte.
Regelungen der Bundesländer
Bundesland |
Regelung |
Bemerkungen |
Baden-Württemberg |
§ 6 Abs. 1 VermG BW |
Bis Dezember 2010 bestand eine Abmarkungspflicht. Seit der am 10.12.2010 in Kraft getretenen Änderung des Vermessungsgesetzes (GBl. S. 989) ist die öffentlich-rechtliche Abmarkungspflicht entfallen. Sie erfolgt seither auf Antrag (§ 6 Abs. 1 VermG BW). |
Bayern |
Art. 5 BayAbmG |
Ausnahmen von der Abmarkungspflicht sind in Art. 6 BayAbmG geregelt. |
Berlin |
§ 22 Abs. 1 VermGBln |
Grenzen "können" mit dauerhaften Grenzzeichen abgemarkt werden. Eine Abmarkungspflicht besteht nur, wenn Grenzen durch Urteil oder gerichtlichen Vergleich festgelegt werden oder wenn die Kennzeichnung im öffentlichen Interesse liegt (§ 22 Abs. 2 VermGBln). |
Brandenburg |
§ 15 BbgVermG |
Von einer Abmarkung kann abgesehen werden, wenn sie aufgrund vorhandener Grenzeinrichtungen nicht erforderlich oder wegen der Art oder Nutzung des Grundstücks nicht zweckmäßig ist (§ 15 Abs. 1 Satz 4 BbgVermG). Nach Satz 5 kann Antrag auf Unterlassung der Abmarkung gestellt werden, wenn das öffentliche Interesse nicht entgegensteht. |
Bremen |
§ 15 Abs. 1 VermKatG |
Jedes Grundstück muss abgemarkt werden. |
Hamburg |
§ 4 HmbVermG |
Der Verlauf der Flurstücksgrenzen wird auf Antrag oder von Amts wegen durch Vermessungsmarken (§ 7 HmbVermG) gekennzeichnet. |
Hessen |
§ 14 Abs. 1 HVGG |
Antragsverfahren |
Mecklenburg-Vorpommern |
§ 30 Abs. 1 GeoVermG M-V |
Ausnahmen, bei deren Vorliegen von einer Abmarkung abgesehen werden kann, sind in § 30 Abs. 2 und 3 geregelt. Nach Abs. 4 kann die Abmarkung auch zurückgestellt werden. |
Niedersachsen |
§ 4 NVermG |
Nach § 4 Abs. 4 NVermG werden die Grenzpunkte abgemarkt, wenn dies beantragt wird oder im öffentlichen Interesse erforderlich ist. |
Nordrhein-Westfalen |
§ 20 Abs. 1 VermKatG NRW |
Ausnahmen, bei deren Vorliegen von einer Abmarkung abgesehen werden kann, sind in § 20 Abs. 2 VermKat NRW geregelt. Nach Abs. 3 kann die Abmarkung auch zurückgestellt werden. |
Rheinland-Pfalz |
§ 16 Abs. 1 LGVerm |
Antragsverfahren; gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 LGVerm kann die Abmarkung auf Antrag unterbleiben oder darf aus Gründen der Zweckmäßigkeit unterlassen werden. |
Saarland |
§ 18 SVermKatG |
Abmarkung kann nach § 18 Satz 3 SVermKatG unterbleiben, wenn sie aufgrund vorhandener Grenzeinrichtungen nicht erforderlich oder wegen der Art oder Nutzung des Grundstücks nicht zweckmäßig ist. Sie hat zu unterbleiben, wenn dies alle Beteiligten beantragen (Satz 4). |
Sachsen |
§ 16 SächsVermG |
Jedes Grundstück muss abgemarkt werden. |
Sachsen-Anhalt |
§ 16 Abs. 2 VermGeoG LSA |
Festgestellte Flurstücksgrenzen sind abzumarken, soweit der Verlauf nicht ausreichend erkennbar ist. Nicht abzumarken ist, wenn die Beteiligten dies beantragen und Gründe des öffentlichen Interesses nicht entgegenstehen. |
Schleswig-Holstein |
§ 18 VermKatG |
Grundstücksgrenzen "sollen" abgemarkt werden. Dies gilt nicht, wenn die Grenzen ausreichend erkennbar und gesichert sind oder wenn die Beteiligten der Abmarkung widersprechen (§ 18 Abs. 2 VermKatG). |
Thüringen |
§ 5 ThürAbmG |
Ausnahmen von der Abmarkungspflicht werden in § 6 ThürAbmG geregelt. |
3.1.2 Rechtsnatur und Wirkung der Abmarkung
Die Abmarkung ist nach den Kataster- und Vermessungsgesetzen bzw. Abmarkungsgesetzen der Bundesländer eine hoheitliche Maßnahme und ein beurkundender Verwaltungsakt, über dessen Rechtmäßigkeit die Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben.
Die Abmarkung hat lediglich deklaratorische, d. h. feststellende Wirkung. Denn mit ihr wird eine Grundstücksgrenze nicht rechtsbegründend festgelegt, sondern nur die katastermäßig ausgewiesene Grenze in die Örtlichkeit übertragen. Die Abmarkung schafft also zwar ein Beweismittel für den Grenzverlauf, bewirkt aber keine Änderung des Umfangs des Eigentums, wenn die abgemarkte Grenze nicht mit den wirklichen Eigentumsverhältnissen übereinstimmt. Ist die Grenze falsch abgemarkt, muss dies berichtigt und dieses Anlie...