Leitsatz
Wird eine zuvor entwickelte und in den Verkehr gebrachte Standard-Software anschließend an die besonderen Bedürfnisse des Erwerbers angepasst, liegt eine einheitliche "Dienstleistung" auch vor, wenn dafür zwei getrennte Preise gezahlt werden. Sind der Leistende einer derart einheitliche Dienstleistung und der Leistungsempfänger nicht im gleichen Mitgliedstaat ansässig, befindet sich der umsatzsteuerliche Leistungsort in dem Land, in dem der unternehmerische Leistungsempfänger seinen Sitz oder Niederlassung hat.
Sachverhalt
In dem dem EuGH vorgelegten Vorabentscheidungsersuchen erwarb eine niederländische Versicherungsgesellschaft von einer in den USA ansässigen Firma eine – auch auf dem USA-Markt vermarktete – Software zur Verwaltung ihrer Versicherungsverträge gegen eine Gebühr für die insoweit nicht übertragbare und unbefristete Lizenz. Der Datenträger mit der Basissoftware wurde wurde von Versicherungsbeschäftigten in die Niederlande eingeführt und 2 Jahre lang den Bedürfnisse der Versicherung angepasst. Danach schulte die USA-Firma das Personal der Versicherung. Die Anpassung der Software, Installierung und Schulung wurde jeweils getrennt abgerechnet und bezahlt. Die Versicherung ging von einer umsatzsteuerlichen Lieferung der Software mit Ort in der USA (= Übergabe des Datenträgers) aus, so dass keine niederländische Umsatzsteuer angefallen wäre.
Entscheidung
Nach Auffassung des EuGH handelt es sich insoweit jedoch um eine einheitliche in der Überlassung von Software sowie Beratung bestehende (sonstige) Dienstleistung (entsprechend Abschn. 25 Abs. 2 Nr. 7 UStR). Wirtschaftlich einheitliche Leistungen dürfen nicht künstlich aufgespalten werden. Ihre Charakterisierung hat aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers (und nicht aus der Sicht der Vertragspartner) zu erfolgen. Im Ausgangsverfahren besteht der wirtschaftliche Zweck in der Überlassung in einer speziell an den Bedürfnisses des Verbrauchers angepassten einsatzfähigen Software. Dafür spricht insbesonders der Umfang, der Kosten oder die Dauer der Anpassung. Die getrennte Zahlung für die Überlassung der Basissoftware und deren Anpassung ist nicht ausschlaggebend.
Der Ort sonstiger Leistungen befindet sich grundsätzlich am Sitz des Leistenden -- im Ausgangsverfahren in der USA (Artikel 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie, entspricht §- 3 a Abs.- 1 UStG). Hiervon abweichend gilt u.----ag----a. bei der Datenverarbeitung und der Überlassung von Informationen der Sitz des unternehmerischen Leistungsempfänger, hier also die Niederlande (Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie, entspricht § 3 a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 3 und 5 UStG). Damit unterliegt die einheitliche sonstige Leistung im Ausgangsverfahren der niederländischen Umsatzsteuer.
Hinweis
Da der Leistende im Ausgangsverfahren ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist, wird die niederländische Umsatzsteuer von der Versicherung als Leistungsempfänger geschuldet (reverse-charge-Regelung bzw. Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Leistungsempfänger nach § 13 b Abs. 1 Nr. 1 UStG); diese hat jedoch aufgrund ihrer steuerfreien Umsätze keinen Vorsteuerabzug hieraus.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 27.10.2005, C-41/04