Prof. Dr. Dimitrios Stamatiades, Prof. Dr. Spyros Tsantinis
Rz. 38
Die EuErbVO hat besondere autonome Regelungen eingeführt, die verschiedene Aspekte der testamentarischen Erbfolge bzw. der Verfügungen von Todes wegen regeln (z.B. Art. 26 EuErbVO: materielle Wirksamkeit; Art. 27 EuErbVO: Formgültigkeit). Im Übrigen gilt Folgendes:
Rz. 39
Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todes wegen (Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen (Art. 1712 grZGB). Es handelt sich um ein einseitiges (damit frei widerruflich, Art. 1763 ff. grZGB) und formbedürftiges (Art. 1716, 1721 ff. grZGB) Rechtsgeschäft. Das Testament wird vom Erblasser persönlich errichtet (Art. 1716 grZGB). Eine Vertretung ist daher ausgeschlossen. Es wird nach dem Tod des Erblassers vom Nachlassgericht oder vom Konsulat eröffnet (Art. 1769 ff. grZGB).
Rz. 40
In einer Verfügung von Todes wegen sind verschiedenartige Anordnungen zu treffen, die in zwei große Kategorien eingestuft werden: a) Zuwendungsanordnungen und b) Nicht-Zuwendungsanordnungen. Die ersten sind vermögensrechtlicher Art und werden als die wichtigsten Anordnungen des Testaments angenommen. Im Einzelnen kommen in Betracht:
Rz. 41
Erbeinsetzung (Art. 1712, 1800 ff. grZGB). Unter diesem Begriff ist die Bestimmung einer Person oder mehrerer Personen zum Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers zu verstehen. Dem Bedachten kann auch nur ein Bruchteil des Nachlassvermögens zugewendet werden. Hat der Erblasser positiv eine Erbeinsetzung angeordnet, enthalten Art. 1800, 1809 grZGB Regeln über die Auslegung sowie über die Einsetzung von Ersatzerben.
Rz. 42
Nacherbfolge (Art. 1923 grZGB). Der Erblasser kann den Erben ("Vorerbe") verpflichten, das Vermögen oder einen Bruchteil desselben nach einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis einem anderen (dem "Nacherben") herauszugeben. Vor- und Nacherbe sind Erben des Erblassers, aber zeitlich nacheinander. Ob und in welcher Weise eine Nacherbschaft vom Erblasser gewollt ist, muss durch Auslegung des Testaments ermittelt werden. Falls die Auslegung zu keinem Ergebnis führt, ist auf die Auslegungsregeln der Art. 1924–1928, 1930 grZGB zurückzugreifen. Die Erbschaft fällt dem Nacherben mit dem Tod des Vorerben an, außer wenn der Erblasser den Zeitpunkt oder das Ereignis für den Eintritt der Nacherbfolge bestimmt hat (Art. 1935 grZGB).
Rz. 43
Vermächtnisse (Art. 1714, 1967 ff. grZGB). Mit dem Vermächtnis kann der Erblasser (oder das Gesetz) einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden (Art. 1714 grZGB). Der Bedachte erhält einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den mit dem Vermächtnis Beschwerten. In einigen Ausnahmefällen kann er den Vermächtnisgegenstand unmittelbar und von Amts wegen erhalten. Das Vermächtnis fällt regelmäßig mit dem Erbfall an (Art. 1997 grZGB). Es kann allerdings unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet werden (Art. 1998 grZGB). Der Bedachte kann das Vermächtnis durch eine formlose Willenserklärung gegenüber dem Beschwerten ausschlagen (Art. 2001 grZGB).
Rz. 44
Die Auflage ist keine Zuwendungsanordnung (Art. 2011, 1789 grZGB).
Rz. 45
Keine Zuwendungsanordnungen sind außerdem: Bestimmungen über die vollständige oder teilweise Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen, Ernennung eines Testamentsvollstreckers (siehe Rdn 62 f.), der Ausschluss einer Person von der Vormundschaft etc.