Leitsatz
Die Parteien stritten über Kindesunterhalt. Der am 12.1.2001 geborene Kläger war leibliches Kindes des Beklagten. Nach seiner Geburt war zunächst unklar, wer sein Erzeuger war. Der Kläger hatte zunächst einen anderen auf Feststellung der Vaterschaft in Anspruch genommen. Nachdem feststand, dass dieser andere nicht sein Vater ist, haben Kindesmutter und der Beklagte ein Privatgutachten zur Abstammung des Klägers eingeholt. Das beauftragte Institut hat sodann im Oktober 2004 die Vaterschaft des Beklagten festgestellt, die von ihm am 18.11.2004 anerkannt wurde.
Der Kläger nahm den Beklagten auf Unterhalt seit dem Tage seiner Geburt in Anspruch und hat dabei nur die Zeit, in der der Beklagte unstreitig Wehrdienst leistete, ausgenommen.
Das AG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Beklagte mit der Berufung, die er im Wesentlichen damit begründete, seine Inanspruchnahme auf Unterhalt für die Zeit vor Oktober 2004 sei unbillig.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung für begründet und ging davon aus, dass eine Inanspruchnahme des Beklagten auf Kindesunterhalt für die Zeit bis Oktober 2004 gem. § 1613 Abs. 3 BGB grob unbillig sei.
Zu Recht sei das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen, dass der Beklagte grundsätzlich auch zum rückständigen Unterhalt verpflichtet sei, weil der Kläger bis zur Feststellung der Vaterschaft des Beklagten aus rechtlichen Gründen daran gehindert war, seine Ansprüche ihm gegenüber geltend zu machen.
Gleichwohl scheide vorliegend eine Inanspruchnahme des Beklagten für die Zeit vor Oktober 2004 aus. Entscheidendes Kriterium für die Prüfung der Frage, ob grobe Unbilligkeit i.S.d. § 1613 BGB vorliege, sei, ob ein möglicher Kindesvater mit seiner Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt rechnen müsse (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, § 1613 Rz. 25).
Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Aufgrund der Anhörung der Kindesmutter im Berufungsverfahren stehe fest, dass bis zum Abschluss des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens gegen den ursprünglich in Anspruch genommenen nicht einmal sie selbst den Beklagten für den Kindesvater hielt, sondern der festen Überzeugung war, dass ein anderer der Erzeuger des Kindes gewesen sei. Folgerichtig hat sie den Beklagten auch nie darauf angesprochen, dass sie ihn als Kindesvater überhaupt in Betracht ziehe.
Er habe damit keinerlei Anhaltspunkte für seine spätere Inanspruchnahme gehabt und hiermit auch nicht rechnen müssen.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 11.01.2006, 3 UF 148/05