Rz. 20
Deutliche Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen bestehen jedoch – neben dem Testierfähigkeitsalter, das in Schottland schon ab zwölf Jahren gegeben ist – bei den formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Testaments. Dabei ist zwischen Testamenten, die vor dem 1.8.1995 errichtet wurden, und späteren Testamenten, für die der Requirements of Writing (Scotland) Act 1995 gilt, zu unterscheiden.
Rz. 21
Nach früherem Recht, das für alle vor dem genannten Stichtag errichteten Testamente anwendbar bleibt, mussten diese einer der folgenden zwei Formen entsprechen:
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Eine sog. attested will, der im Nachlassverfahren eine Gültigkeitsvermutung zukommt, muss vom Erblasser selbst auf jedem Blatt unterzeichnet und am Schluss unterschrieben sein. Ferner müssen zwei Zeugen über 16 Jahren mit genauer Angabe des Namens und der Anschrift auf dem Testament unterschrieben bestätigen, dass dieser das Testament vor ihnen unterzeichnet oder zumindest seine Unterschrift ihnen gegenüber anerkannt hat. |
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Formwirksam ist ferner das eigenhändige Testament (holograph will), das ebenfalls vom Erblasser persönlich unterschrieben sein muss. Eigenhändigkeit wird dabei bereits angenommen, wenn zumindest alle wesentlichen Bestimmungen (z.B. in einem vorgedruckten Lückentext) in eigener Handschrift verfasst wurden, oder wenn ein gedruckter Text mit dem handschriftlichen Zusatz adopted as holograph oder vergleichbaren Bestätigungen versehen wurde. Ein solches Testament hat jedoch den Nachteil, dass im Nachlassverfahren zwei Zeugen durch ein affidavit bestätigen müssen, dass es sich um die Handschrift und die Unterschrift des Testators handelt. |
Rz. 22
Der Requirements of Writing (Scotland) Act 1995, der für die ab 1.8.1995 errichteten Testamente gilt, unterscheidet dagegen deutlicher zwischen der formellen Wirksamkeit eines Testaments und der Bestätigung im Nachlassverfahren. Formgültig ist danach grundsätzlich jedes vom Testator unterschriebene Schriftstück, wobei natürlich im Zweifel der Testierwille nachgewiesen werden muss. Eine Gültigkeitsvermutung im Nachlassverfahren (self proving will) haben dagegen nur solche Testamente, die datiert sind, bei denen der Erblasser jedes Blatt abgezeichnet hat und bei denen ein Zeuge (mit Angabe des Namens und der Adresse) die Unterschrift des Testators auf dem Testament bestätigt hat. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss im Nachlassverfahren – üblicherweise durch ein affidavit einer Person – der Beweis erbracht werden, dass die Unterschrift vom Erblasser stammt.
Rz. 23
Die Beteiligung als Zeuge oder die Berufung als executor schränkt das Recht, testamentarische Zuwendungen zu erhalten, nicht ein, sofern bei Errichtung des Testaments nicht der Fall einer undue influence auf den Testierwillen des Testators vorlag.