Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Entlastung und Schadenersatzanspruchsverzicht bei jahrelanger Abrechnungsgenehmigung mit Fehlbuchungen (hier: Grundsteuerzahlung für den Bauträger, stets abgerechnet als "gemeinschaftliche Ausgabe"); Eigentümer hätten Fehler erkennen können!
Normenkette
§ 28 Abs. 3, 4 WEG
Kommentar
1. Einen Anspruch auf Entlastung gegen die Eigentümer besitzt der Verwalter grundsätzlich nicht. Wird er durch Beschluss entlastet, wirkt dies wie ein negatives Schuldanerkenntnis der Eigentümer ihm gegenüber, welches im Umfang der Entlastung jegliche Schadenersatzansprüche und konkurrierenden Ansprüche wegen solcher Vorgänge ausschließt, die bei der Beschlussfassung den Eigentümern bekannt oder für sie bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren (h.M.).
2. Im vorliegenden Fall hat der Verwalter viele Jahre im Rahmen seiner Ist-Abrechnungen Steuerschulden eines Dritten (hier: Grundsteuer des Bauträgers) aus gemeinschaftlichen Mitteln - unberechtigterweise - bezahlt und unter einer Ausgabenposition "Grundsteuer" - rechnerisch richtig - abgerechnet.
3. Wohnungseigentümer können nun von einem Verwalter jederzeit Rechnungslegung verlangen ( § 28 Abs. 4 WEG); dies schließt auch ihr Recht ein, in die der Jahresabrechnung zugrunde liegenden Buchungsbelege Einsicht zu nehmen (h.M.); eine solche Einsicht wird üblicherweise vom Verwaltungsbeirat bei Überprüfung der Jahresabrechnung gem. § 29 Abs. 3 WEG vorgenommen. Bei dieser Gelegenheit hätte hier ohne weiteres festgestellt werden können, dass Zahlungen auf Steuerbescheide geleistet wurden, die an einen Dritten adressiert waren. Ob Eigentümer dies tatsächlich erkannt haben, ist nicht entscheidend; es genügt vielmehr, dass sie dies bei sorgfältiger Prüfung hätten erkennen können. Aus diesem Grund wurden wegen erfolgter bestandskräftiger Entlastungen Schadenersatzansprüche zurückgewiesen.
Wenn Wohnungseigentümer gleichwohl, ohne dazu verpflichtet zu sein, einem Verwalter Entlastung erteilen, müssen sie auch deren rechtliche Folgen tragen.
4. Im vorliegenden Fall konnte auch dahingestellt bleiben, ob bei einem strafbaren Verhalten des Verwalters ein Entlastungsbeschluss keine Wirkungen entfaltet; ohne Rechtsfehler hat nämlich hier das LG ein strafbares Verhalten des Verwalters jedenfalls im Hinblick auf die subjektive Seite der betreffenden Tatbestände verneint.
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für alle Rechtszüge von DM 14.559,98.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 12.01.2000, 2Z BR 166/99= ZWE 4/2000, 184)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung