Leitsatz
Die Regelung, wonach bei den Kündigungsfristen die Beschäftigungszeiten erst vom 25. Lebensjahr an berücksichtigt werden, verstößt gegen EU-Recht und darf laut EuGH nicht mehr angewendet werden. Das hat nun ein LAG bestätigt.
Sachverhalt
Hintergrund der Entscheidung des EuGH war eine Vorlage des LAG Düsseldorf. Die Richter in Düsseldorf haben in diesem Fall eine Kostenentscheidung getroffen, die zum Thema Vertrauensschutz Stellung nimmt. Eine Arbeitnehmerin war mit 18 Jahren beim Arbeitgeber eingestellt worden. Nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum Ende des nächsten Monats, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Die Arbeitnehmerin rügt in ihrer Kündigungsschutzklage auch die zu kurze Kündigungsfrist. Entgegen der gesetzlichen Regelung in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB seien auch die Zeiten ihrer Beschäftigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs zu berücksichtigen. Die Kündigungsfrist müsse daher länger sein. Der EuGH bestätigte in seiner Entscheidung auf Anfrage des LAG die Unwirksamkeit der deutschen Kündigungsfristenregelung und begründete dies mit einer ungerechtfertigten Altersdiskriminierung. In einer Kostenentscheidung hat sich das Gericht auch zum Thema Vertrauensschutz geäußert: Der EuGH selbst hat in seiner Entscheidung zum naheliegenden Thema Vertrauensschutz nicht geäußert. Dies kann eher dahingehend gedeutet werden, dass europarechtlich kein Vertrauensschutz geschaffen werden sollte. Andererseits kann Vertrauensschutz aber auch durch die deutschen Arbeitsgerichte geschaffen werden, solange der EuGH dies nicht ausschließt. Aus Sicht des LAG ist einerseits zu berücksichtigen, dass Arbeitgeber grundsätzlich Vertrauen in das ausdrückliche deutsche Gesetzesrecht haben dürfen. Andererseits könnte aber die Umsetzung europäischer Richtlinien durch zu weitgehenden Vertrauensschutz erschwert werden.
Das LAG Düsseldorf kommt daher zu folgenden Grundsätzen:
- Kein Vertrauensschutz kann dem Arbeitgeber gewährt werden, wenn er mit dem Arbeitnehmer offen über die Kündigung streitet und eine rückwirkende Verlängerung der Kündigungsfrist keine unzumutbare Härte oder gar Existenzgefährdung für den Arbeitgeber bedeuten würde.
- Vertrauensschutz kann dann angenommen werden, wenn die Kündigung mit zu kurzer Frist zunächst vom Arbeitnehmer hingenommen wurde und vor dem 19.1.2010 (Entscheidung des EuGH) bereits abgeschlossen war.
Da hier die Nachzahlung von drei Monatsvergütungen weder unzumutbar noch Existenz gefährdend für den Arbeitgeber war, wurde kein Vertrauensschutz gewährt. Die Entscheidung des LAG ist rechtskräftig, da es sich nur um einen Kostenbeschluss handelte. Die Frage des Vertrauensschutzes ist damit jedoch nicht endgültig höchstrichterlich geklärt. Eine Entscheidung des BAG zu diesem Thema steht derzeit noch aus.
Link zur Entscheidung
LAG Düsseldorf, Beschluss v. 17.2.2010, 12 Sa 1311/07.