Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Zur Entlastung des Verwalters
Normenkette
§ 27 WEG, § 633 BGB, § 634 BGB, § 635 BGB
Kommentar
1. Eine Verwalterhaftung hat das AG München in einem wohnungseigentumsgerichtlichen Schadenersatzverfahren verneint, da die Gemeinschaft in diesem Fall auf Schadenersatzansprüche verzichtet hatte und auch inhaltlich eine Pflichtverletzung des Verwalters nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu Tage getreten war. Es könne nicht stillschweigend davon ausgegangen werden, dass eine gesetzliche Verpflichtung des Verwalters bestehe, sich um Gewährleistungsansprüche zu kümmern. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG statuiere lediglich eine Berechtigung des Verwalters, die erforderlichen Maßnahmen in Bezug auf die Wahrung von Gewährleistungsansprüchen zu treffen. Gegen eine Ausweitung des § 27 WEG in Richtung einer "Verpflichtung" bestünden erhebliche systematische und wirtschaftliche Bedenken. Es sei grundsätzlich nicht Sache des Verwalters, sich um die Abwicklung individueller Kaufverträge zu kümmern. Eine gesetzlich nicht vorgesehene Verpflichtung könne allerdings rechtsgeschäftlich übernommen werden. Aufgrund bisher üblicher Regelungen in Verwalterverträgen bestehe allein eine Pflicht des Verwalters zur rechtlichen Orientierung über die laufenden Fristen, zum anderen auch die Pflicht, diejenigen Maßnahmen zu treffen, deren Notwendigkeit der Verwalter erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe; hierbei handle es sich jedoch stets um Notmaßnahmen da andere Maßnahmen von der Eigentümerversammlung durch Beschluss zu entscheiden seien.
2. Entlastungs- und Verwalterneubestellungsbeschlüsse enthielten im Übrigen ein Anerkenntnis seitens der Gemeinschaft, dass ein Verwalter zur vollen Zufriedenheit aller Miteigentümer gearbeitet habe und Ansprüche gegen ihn aus einer Verletzung von Verwalterpflichten nicht bestünden. Ist hier ein Eigentümer anderer Ansicht, müsse er den Entlastungsbeschluss anfechten, wenn Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft aus dem betreffenden Wirtschaftsjahr erhalten bleiben sollten.
Die Präklusionswirkung eines Entlastungsbeschlusses setze allerdings voraus, dass die Gesichtspunkte, unter denen eine etwaige Vertragswidrigkeit des Verwalters zu beurteilen sei, zum Zeitpunkt der Entlastung bekannt gewesen seien.
Link zur Entscheidung
( AG München, Beschluss vom 07.05.1985, UR II 282/83 WEG)
Zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel
Anmerkung:
In ähnlichem Sinne -wiederum unter Hinweis auf erfolgte Entlastungsbeschlüsse und Umstände, die zum Zeitpunkt der Entlastung den Eigentümern bekannt waren -und bezogen auf einen nur "faktisch tätigen Verwalter", AG München, Beschluss v. 23.05.1985, UR II 43/83 WEG).
Diese Entscheidung entspricht heute nicht mehr h.R.M.; ein Verwalter hat auch im Bereich anfänglicher Baumängel erhebliche Nebenpflichten gegenüber der Gemeinschaft, so insbesondere Hinweis-, Feststellungs- und Beschlussorganisationspflichten; bei schuldhafter Verletzung haftet er nach Grundsätzen einer positiven Vertragsverletzung.