Leitsatz
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Ein-Mann-GmbH. Der Beklagte war Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer und verkaufte im Oktober 2005 1) seinen Geschäftsanteil und 2) einen Anspruch auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von 200.000 EUR an einen Käufer unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer. Der Verkauf sowie die Abtretung des Geschäftsanteils und des Anspruchs wurde - mit Zahlung des Kaufpreises - Anfang Januar 2006 wirksam.
Da das Gesellschafterdarlehen tatsächlich zu mehr als 240.000 EUR valutierte und demnach ein Rückzahlungsanspruch i.H.v. 240.000 EUR bestand, veranlasste der Beklagte im Oktober 2005 eine Überweisung i.H.d. Differenzbetrags von 40.000 EUR an sich und gab als Verwendungszweck "Rückführung Gesellschafterdarlehen" an.
Nachdem die Gesellschaft ab Januar 2006 vom Käufer als neuem Gesellschafter-Geschäftsführer geführt wurde, erhob sie Klage gegen den Beklagten als früheren Gesellschafter-Geschäftsführer auf Rückzahlung des Betrags i.H.v. 40.000 EUR. Die Gesellschaft ist der Auffassung, der Geschäftsführer habe seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt und hafte daher gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG. Denn das Gesellschafterdarlehen sei nur mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist kündbar gewesen, mangels Kündigung sei daher der Rückzahlungsanspruch nicht fällig gewesen und der Geschäftsführer habe daher eine nicht fällige Schuld erfüllt. § 43 GmbHG regelt, dass die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden haben (Abs. 1) und ansonsten für den entstanden Schaden haften (Abs. 2).
Der BGH verneinte eine Pflichtverletzung und daher eine Haftung des Allein-Geschäftsführers. An einer Pflichtverletzung i.S.d. § 43 Abs. 1 GmbHG fehlt es grundsätzlich dann, wenn die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer zu dem Verhalten anweist. Soweit der Geschäftsführer dadurch nicht gegen gesetzliche Pflichten - etwa aus § 30 GmbHG (Auszahlungsverbot zum Zweck der Kapitalerhaltung) oder § 64 GmbHG (Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) - verstößt, muss er die Weisung befolgen und haftet der Gesellschaft daher nicht aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf Schadensersatz. Bei einer Ein-Mann-GmbH - wie im vorliegenden Fall - handelt der Geschäftsführer immer aufgrund einer Weisung der ebenfalls nur von ihm gebildeten Gesellschafterversammlung; ein förmlicher Beschluss ist hierfür nicht erforderlich. Da die Gesellschaft über ausreichend Vermögen verfügte, verstieß die Rückzahlung auch nicht gegen die Grundsätze der Kapitalerhaltung.
Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB gegen den früheren Geschäftsführer in seiner Funktion als Darlehensgeber und Zahlungsempfänger wurde ebenfalls verneint. Zwar war der Rückzahlungsanspruch mangels Kündigung noch nicht fällig. Gemäß § 813 Abs. 2 BGB ist jedoch die Rückforderung einer Zahlung ausgeschlossen, wenn eine noch nicht fällige Forderung vorzeitig erfüllt wird; denn in diesem Fall wird nicht auf eine "Nicht-Schuld" geleistet, sondern der richtige Rechtszustand lediglich verfrüht (da vor Fälligkeit) hergestellt.
Hinweis
Diese BGH-Rechtsprechung bedeutet für den Gesellschafter-Geschäftsführer eine (rechts-)sichere Situation: Er muss lediglich die gesetzlichen Verbote und Pflichten beachten. Demgegenüber wird die Fassung von Gesellschafterbeschlüssen durch ihn als Alleingesellschafter als unnötige Förmelei angesehen und daher nicht verlangt.
Geschäftsführern von mehrgliedrigen GmbHs, d.h. mit zwei oder mehr Gesellschaftern, ist hingegen sehr zu empfehlen, sich bei zwischen den Gesellschaftern strittigen und/oder ansonsten risikobehafteten Maßnahmen dadurch abzusichern, dass sie vorab von den Gesellschaftern die Fassung eines Gesellschafterbeschlusses verlangen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 26.10.2009, II ZR 222/08