Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 3, 5 Nr. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 1 WEG, § 25 Abs. 2 WEG, Art. 103 Abs. 1 GG
Kommentar
1. Auch unter Berücksichtigung der Trennungstheorie zwischen der Bestellung eines Verwalters (als einseitigem Akt der Wohnungseigentümer) und dem Vertrag (i. d. R. Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB) und der Tatsache, dass regelmäßig in einem Bestellungsbeschluss der Eigentümer auch deren Angebot zum Abschluss eines Verwaltervertrages liegt, leitet sich die Befugnis eines bestellten Verwalters, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, allein aus dem Bestellungsakt durch Eigentümerbeschluss ab; wenn also ein bestellter Verwalter - wenn auch noch ohne Vertrag - eine Versammlung einberuft, liegt hierin kein formeller Einberufungsmangel.
2. Werden in einer beschlussunfähigen Versammlung Beschlüsse gefasst, so werden diese mangels Anfechtung bestandskräftig, da es sich bei fehlender Beschlussfähigkeit nach h. R. M. nicht um einen zur Nichtigkeit führenden Mangel handelt.
3. Ist unter Berücksichtigung von Stimmrechtsausschlüssen nach § 25 Abs. 5 WEG ein Beschluss einstimmig gefasst worden (Zustimmung aller anwesenden Eigentümer mit Ausnahme des nicht stimmberechtigten Eigentümers), muss nicht mehr geklärt werden, ob nach Einheiten, Köpfen oder Miteigentumsanteilen hätte abgestimmt werden müssen.
4. Beschließen Eigentümer mehrheitlich die Fortsetzung eines ruhenden Zivilrechtsstreits, der die Beseitigung von anfänglichen Baumängeln zum Gegenstand hat (weil Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob die streitgegenständlichen Mängel noch vorhanden sind), entspricht ein solcher Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Dass das Kostenrisiko dieses Rechtsstreits, welches die Wohnungseigentümer mit dessen Fortsetzung eingehen, anteilig auch den Antragsteller (den verklagten Bauträgerverkäufer) trifft, ist eine notwendige Folge des Umstandes, dass er auch Wohnungseigentümer ist.
5. Wird eine Erstbeschwerde eingelegt und darin angekündigt, Antrag und Begründung nachzureichen und erfolgte auch vier Monate später noch keine Begründung, durfte das Landgericht zu dieser Zeit über das Rechtsmittel entscheiden. Es war nicht gehalten, dem Beschwerdeführer eine Frist zur Begründung zu setzen; vielmehr genügte es, eine angemessene Zeit abzuwarten, innerhalb der das Rechtsmittel hätte begründet werden können.
Das LG muss auch nicht den Eingang eines Rechtsmittels unter gleichzeitiger Mitteilung des Aktenzeichens dem Beschwerdeführer unaufgefordert bestätigen.
6. Erklärt ein Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren, einen ursprünglich gerügten formellen Mangel eines Beschlusses nicht weiter geltend zu machen, stützt er also eine Beschlussanfechtung nicht mehr auf einen bestimmten Punkt, kann auch gerichtlicherseits eine Ungültigerklärung nicht mehr auf diesen Mangel gestützt werden
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.03.1988, BReg 2 Z 120/87).
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
1. Für die Praxis (auch verfahrensbeauftragter Rechtsanwälte) enthält diese Entscheidung m. E. einige bedeutsame Feststellungen. Einmal sollten zur Fristwahrung eingelegte Beschwerden möglichst bald auch schriftsätzlich begründet werden, wobei die Gerichte üblicherweise nicht vor Ablauf von etwa 2 Monaten seit Beschwerdeeinlegung entscheiden. Kann ein Entscheidungsprozess über die Frage der Rücknahme einer Beschwerde oder auch der Weiterführung des Verfahrens nicht so rasch geklärt werden (ggf. müssen erst entsprechende Beschlüsse in einer Eigentümerversammlung herbeigeführt werden), sollte das Gericht gesondert auf solche Umstände hingewiesen und um weiteren Fristaufschub ausdrücklich schriftsätzlich gebeten werden.
2. Zum anderen erscheint mir wichtig, dass in dieser Entscheidung augenscheinlich der Amtsermittlungsgrundsatz des Wohnungseigentumsgerichts dann eingeschränkt ist, wenn ein Antragsteller oder Beschwerdeführer Mängelbehauptungen zur möglichen Ungültigkeit eines Beschlusses bewusst fallen lässt. Das Gericht kann dann eine mögliche Ungültigkeit eines Beschlusses nicht mehr auf solche Mängel stützen.
Dieser Gedanke dürfte sicher auch dann gelten, wenn ein beschlussanfechtender Antragsteller eine mögliche Mängelrüge bewusst nicht erhebt und seine Anfechtung ausdrücklich auf bestimmte (andere) Anfechtungsgründe stützt. Diese Einschränkung des Amtsermittlungsgrundsatzes ist gerade in der untergerichtlichen Rechtsprechung nicht unumstritten. Insoweit kann nun wohl doch auch im wohnungseigentumsgerichtlichen Verfahren auf die Dispositionsmaxime der Antragspartei abgestellt werden, die bekanntlich den ordentlichen Zivilprozess beherrscht.
3. Bedeutsam ist zuletzt der beiläufige Hinweis, dass auch Bauträgereigentümer in beschlossenen Gewährleistungsprozessen gegen sich selbst das Prozesskostenrisiko anteilig mitzutragen haben, wenn die Prozessführung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Es handelt sich in solchen Fällen um gemeinschaftliche Kosten und Lasten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG. Gewissermaßen m...