Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 Abs. 4 WEG, § 7 Abs. 3 WEG, § 8 Abs. 2 WEG, § 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 WEG, § 15 Abs. 1 WEG, § 19 GBO, § 53 GBO, §§ 84ff. GBO
Kommentar
1. Eine Eintragung (damit auch eine Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung) im Grundbuch ist dann ihrem Inhalt nach unzulässig, wenn sie einen Rechtszustand verlautbart, den es nicht geben kann. Das Gleiche gilt, wenn eine Eintragung so widersprüchlich oder unklar ist, dass ihre Bedeutung auch durch zulässige Auslegung nicht ermittelt werden kann (BayObLG Z 1987, 389/393; OLG Frankfurt, Rechtspfleger 1980, 280; Horber/Demharter Anm. 16 d zu § 53 GBO). Bei der Auslegung von Grundbucheintragungen (also auch Gemeinschaftsordnungen) ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eintragungsvermerks oder der im Grundbuch in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung - Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung - ergibt ( § 7 Abs. 3, § 8 Abs. 2 WEG).
2. Die in der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentumsanlage (deren Wohnungen hier vereinbarungsgemäß nur als Ferienwohnungen genutzt werden dürfen) enthaltene, als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragene Bestimmung:
"Bestimmte Wohnungen dienen hotelmäßiger Nutzung (Bestimmung durch den Verkäufer bei Verkauf)" hat einen auslegungsfähigen, rechtlich möglichen Inhalt. Sie bedeutet, dass der teilende Grundstückseigentümer spätestens beim Verkauf einer jeden Wohnung allein bestimmen kann, dass eine Wohnung "hotelmäßiger Nutzung" zuzuführen ist. Die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und der dinglich berechtigten Dritten ist bei dieser Änderung der vereinbarten Gebrauchsregelung nicht erforderlich.
Zur Änderung der Zweckbestimmung vom Gebrauch als "Ferienwohnung" zum Gebrauch durch "hotelmäßige Nutzung", ist eine Umwandlung des Wohnungseigentums in Teileigentum nicht zwingend erforderlich, da die Eigenschaft als "Wohnung" durch die hotelmäßige Nutzung nicht verloren geht (vgl. dazu Nr. 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19. 3. 1974). Auch die hotelmäßige Nutzung ist eine Nutzung "zu Wohnzwecken".
Die vorliegend vereinbarte Bestimmung des Verkäufers ist vergleichbar mit der Rechtslage bei Begründung von Sondernutzungsrechten an gemeinschaftlichen Grundstücksflächen dergestalt, dass der teilende Grundstückseigentümer schon in der Teilungserklärung die späteren Erwerber von Wohnungseigentum vom Mitgebrauch einer im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Fläche ausschließt. Zur späteren Begründung des Sondernutzungsrechts an dieser Fläche für einen Eigentümer ist dann die Mitwirkung der übrigen Eigentümer und der dinglich Berechtigten nicht mehr erforderlich (BayObLG Z 1985, 124).
Der Begriff der "hotelmäßigen Nutzung" hat auch die für die Grundbucheintragungen erforderliche Bestimmtheit (vgl. die in ähnlichen Fällen als gültig entschiedenen Vereinbarungen, z. B. BayObLG Z 1980, 331, BayObLG, RPfl. 1982, 63 oder BayObLG, NJW-RR 1988, 1163). Damit hat hier die getroffene Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung rechtlich zulässigen Inhalt. Im vorliegenden Fall wurde jedoch in keinem Verkaufsfall durch den Verkäufer eine entsprechende Bestimmung getroffen; jedenfalls ist eine solche nicht in das Grundbuch eingetragen worden. Damit könnte der Eintragungsvermerk nach § 84 Abs. 1, Abs. 2 b GBOgegenstandslos geworden sein; das Grundbuchamt könnte hier von Amts wegen die Eintragung löschen; inhaltlich unzulässig sei jedoch der Eintragungsvermerk dadurch nicht geworden; ob das Grundbuchamt das Löschungsverfahren nach den §§ 84ff. GBO einleite, stehe in seinem freien Ermessen ( § 85 Abs. 2 GBO). Aufgrund der Zulässigkeit der Eintragung wurden durch das Grundbuchamt bei Eintragung auch keine gesetzlichen Vorschriften verletzt, sodass auch die Eintragung eines Amtswiderspruchs ( § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) ausscheide.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 07.11.1990, BReg 2 Z 115/90)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer