Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Beschlussfassung unter "Verschiedenes" mit dort näher bezeichnetem Beschlussgegenstand als "Unterpunkt" möglich (zulässig)
Normenkette
§ 13 Abs. 2 WEG, § 15 WEG, § 21 Abs. 3 WEG, § 23 Abs. 2 WEG
Kommentar
1.Nach Gemeinschaftsordnungsvereinbarung waren hinsichtlich oberirdischer Kfz-Stellplätze Sondernutzungsrechte eingeräumt, die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer auf andere Eigentümer übertragen werden konnten.
Die Eigentümer beschlossen unter einem TOP "Verschiedenes"mit - u.a. - dem Unterpunkt "Müllanlagen - unter Umständen Kauf oder Anmietung von zwei Abstellplätzen zwischen Haus 3 und 5"im Einladungsschreiben, zum Aufstellen weiterer, im Zusammenhang mit der Mülltrennung erforderlicher Müllbehälter zwei oberirdische Stellplätze für etwa DM 8.500,- zu kaufen und diese mit Holz zu verkleiden.
Während auf Anfechtung hin Amts- und Landgericht diesen Beschluss für ungültig erklärten, stellte der Senat die Gültigkeit dieses Beschlusses unter Hinweis darauf fest, dass er Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung - wie auch hier - entsprechen könne. Es gehe hier entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht um einen Beschluss auf Hinzuerwerb eines Grundstücks, der einer einstimmigen Vereinbarung bedürfe. Die oberirdischen Kfz-Stellplätze seien vielmehr gemeinschaftliches Eigentum aller Eigentümer; an ihnen sei lediglich einzelnen Eigentümern das alleinige Nutzungsrecht unter Ausschluss der übrigen Eigentümer vom Mitgebrauch in der Form eines Sondernutzungsrechts eingeräumt (vgl. § 13 Abs. 2, § 15 Abs. 1 WEG); dieses Sondernutzungsrecht solle auf die Wohnungseigentümer übertragen und damit aufgehoben werden.
Ein solcher (angefochtener) Eigentümerbeschluss mit diesem Inhalt entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es ist zweckmäßig und entspricht auch dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (vgl. § 21 Abs. 4 WEG), hier die zusätzlich erforderlichen Müllbehälter auf zwei oberirdischen Kfz-Stellplätzen abzustellen; dies setzt den Erwerb oder die Aufhebung des daran bestehenden Sondernutzungsrechts voraus. Zwar hat grundsätzlich die getroffene Vereinbarung zur Folge, dass die Stellplätze an sich nur zum Abstellen von Kfz benutzt werden dürften; nicht ausgeschlossen ist aber eine andere Nutzung, die nicht mehr stört als eine der Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung (vgl. auch BayObLG, NJW-RR 96, 464 m.w.N.). Das Abstellen von zwei Müllbehältern hinter einer von den Eigentümern mitbeschlossenen Holzverkleidung stört bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen nicht mehr als das Abstellen von Fahrzeugen. Demgegenüber würden durch das Abstellen der Müllbehälter entlang der Hausfront die Eigentümer der Erdgeschosswohnungen in unzumutbarer Weise beeinträchtigt.
Soweit die beschlossene Holzverkleidung eine bauliche Veränderung darstellt, kommt im übrigen § 22 Abs. 1, Satz 1 WEG nicht zur Anwendung, weil es sich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt.
Selbst wenn die Fläche der oberirdischen Stellplätze mit schweren Müllfahrzeugen nicht befahrbar sein sollte, stünde dies dem Eigentümerbeschluss nicht entgegen; die fahrbaren Müllbehälter müssten dann - wie dies vielfach üblich ist - zum Entleeren an den Straßenrand gebracht werden.
Dem Eigentümerbeschluss stand hier schließlich auch kein öffentlich-rechtliches Hindernis entgegen, da nach Behördenauskunft mehr Stellplätze vorhanden seien, als unter öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten erforderlich; weiterhin habe die Stadt zur beschlossenen Maßnahme ihr Einverständnis erklärt und auch mitgeteilt, dass die beabsichtigte Holzverkleidung keiner Genehmigung bedürfe.
2. Unter einem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes"können im übrigen nur Beschlüsse von untergeordneter Bedeutung gefasst werden (zwischenzeitlich h.R.M.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn unter einem solchen Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" - wie hier - einzelne Beschlussgegenstände in einer Weise näher bezeichnet sind, die den Anforderungen des § 23 Abs. 2 WEG (Gegenstandsbeschrieb der Beschlussfassung in der Tagesordnung) entsprechen. Im Hinblick auf den Inhalt des hier formulierten Einladungsschreibens mussten die Eigentümer damit rechnen, dass über den Kauf oder die Anmietung von Abstellplätzen zum Aufstellen der zusätzlich erforderlichen Müllbehälter abgestimmt würde.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert für alle Rechtszüge von DM 18.000,- angeordnet.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.04.1998, 2Z BR 23/98= ZMR 10/98 mit kritischer Anm. Müller)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Dieses Entscheidungsergebnis erscheint mir nicht unproblematisch im Hinblick auf die Beschlusskompetenz einer Gemeinschaft zum Ankauf, zur Übertragung bzw. Aufhebung bestehender, hier wohl sog. verdinglichter Sondernutzungsrechte. Ein Grundstückszuerwerb könnte ohnehin nicht über Beschlussfassung - verpflichtend für alle Eigentümer - erfolgen. Aber auch die Übertragung eines verdinglichten, d.h. im Grundbuch eingetrage...