Leitsatz

  1. Hauptsacheerledigung führt grundsätzlich zu einer Unzulässigkeit nachträglicher Beschlussungültigkeitsfeststellung
  2. Verfahrensführungsermächtigung des Verwalters trotz Anfechtung des Verwalterbestellungsbeschlusses
  3. Abrechnungs- und Wirtschaftsplangenehmigungsbeschluss bleibt bei inhaltlicher Richtigkeit gültig, selbst wenn die Bestellung des rechnungsprüfenden Beirats nichtig sein sollte
  4. Gültiger Parabolantennen-Verbotsbeschluss gegenüber deutschsprachigen Bewohnern mit Empfangsmöglichkeit von 9 Fernsehprogrammen über Gemeinschaftsantenne
 

Normenkette

§§ 15 Abs. 2, Abs. 3, 23 Abs. 1, Abs. 4, 26 Abs. 1, 27 Abs. 2 und 29 Abs. 1, Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Erledigt sich ein Eigentümerbeschluss durch Zeitablauf und tritt damit Hauptsacheerledigung ein, ist ein Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit oder Fehlerhaftigkeit des Eigentümerbeschlusses in der Regel unzulässig. Für eine über die Erledigung als solche hinausgehende Feststellung fehlt dem Antragsteller ein rechtliches Interesse und würde ihm auch in der Gemeinschaft zu keiner besseren Rechtsposition verhelfen. Weder die gerügte Fehlerhaftigkeit einer Verwalterbestellung noch die einer Beiratswahl hätten Einfluss auf die Gültigkeit sonstiger gefasster Sachbeschlüsse. Fortsetzungsfeststellungsanträge sieht das Gesetz grundsätzlich nicht vor; auch für das Beschlussanfechtungsverfahren besteht aus verfassungsrechtlichen Gründen kein Anlass für solche Feststellungsanträge (vgl. auch BayObLG v. 23.12.2003, 2Z BR 195/03).
  2. Die Ordnungsmäßigkeit der Ermächtigung des Verwalters zur Verfahrensführung für die Eigentümer wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beschluss über die Verwalterbestellung angefochten ist und möglicherweise für ungültig erklärt wird (vgl. auch OLG Hamm v. 19.4.1995, 15 W 26/95, WE 1996, 33 und BayObLG v. 10.1.1997, 2Z BR 35/96, NJW-RR 1997, 715). Erst recht gilt dies, wenn eine gerichtliche Ungültigerklärung eines solchen Bestellungsbeschlusses wegen Ablaufs des Bestellungszeitraums nicht mehr möglich ist und eine Feststellung der Fehlerhaftigkeit aus verfahrensrechtlichen Gründen ausscheidet.
  3. Eine Jahresabrechnung oder ein Wirtschaftsplan ist - abgesehen von deren inhaltlicher Richtigkeit - nicht allein deshalb für ungültig zu erklären, weil die Bestellung des Beirats, dem die Prüfung dieser Abrechnungsunterlagen oblag, nichtig ist. Vorliegend gab es keine inhaltlichen Fehlerfeststellungen dieser Unterlagen. Auch allein wegen fehlender Belegprüfung können Pläne nicht für ungültig erklärt werden (KG v. 25.8.2003, 24 W 110/02, NJW-RR 2003, 1596).
  4. Es widerspricht auch nicht einer ordnungsgemäßen Gebrauchsregelung, wenn in einer Wohnanlage mit deutschsprachigen Bewohnern und Empfangsmöglichkeiten für 9 Fernsehprogramme über eine Gemeinschaftsantenne das Anbringen einzelner Parabolantennen grundsätzlich untersagt wird. Nach Rechtsprechung des Senats (BayObLG v. 11.9.2003, 2Z BR 152/03, NZM 2004, 108) ist ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss, der generell die Anbringung von Parabolantennen an der Außenfassade verbietet, im Allgemeinen keine ausreichende Grundlage für die Weigerung des Verwalters, einen im Einzelfall unter Darlegung von Sonderinteressen gestellten Antrag eines Eigentümers, eine entsprechende Anlage errichten zu dürfen, in die Tagesordnung der Versammlung aufzunehmen. Auch unter Fortgeltung des gefassten Beschlusses hat ein Wohnungseigentümer, der einen ausländischen Lebenspartner in die Wohnung aufnimmt oder seine Wohnung an Ausländer vermietet, nach den Umständen des Einzelfalls einen Anspruch auf Abänderung eines entgegenstehenden früheren Beschlusses (OLG Düsseldorf v. 13.12.2000, 3 Wx 265/00, ZMR 2001, 648 = ZWE 2001, 336; OLG Hamm v. 1.10.2001, 15 W 166/01, NZM 2002, 445 und OLG Zweibrücken v. 31.1.2002, 3 W 299/01, NZM 2002, 269).
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 23.12.2003, 2Z BR 185/03, NZM 7/2004, 261

Anmerkung

Liest man die Gründe der zeitlich nachfolgenden BGH-Entscheidung vom 22.1.2004 (BGH v. 22.1.2004, V ZB 51/03, NZM 6/04, 227 = DWE 1/2004, 20 = ETW, Erg. Heft 3/2004 zu Gr. 2), könnten neuerlich Bedenken gegen dieses Entscheidungsergebnis und eine solche Beschlussfassung auf Installationsverbote von Einzelantennen selbst bei deutschsprachigen Wohnungsnutzern entstehen, selbst ohne auf den Einzelfall oder Sonderinteressen abstellen zu müssen. Wird zu Gunsten ausländischer Bewohner auf das Vorrangverhältnis verfassungsrechtlich geschützter Informationsrechte gegenüber Eigentümerschutzrechten abgestellt, erscheint es mir seit langem auch unter verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsätzen nicht mehr vertretbar, gegenüber deutschen Bewohnern einen anderen Maßstab anzulegen, wie dies vom BGH auch andeutungsweise und wohl erstmals in den Gründen erwähnt wurde (… "Dieser Umstand - Mitteilung der Europäischen Kommission vom 27.6.2001, KOM 2001, 351 - könne sogar dazu führen, dass in weitgehendem Umfang auch deutsche Wohnungsnutzer nicht länger auf einen vorhandenen Kabelanschluss verwiesen werden kön...

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