Normenkette

§ 10 Abs. 3 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 21 WEG

 

Kommentar

1. Haben Wohnungseigentümer mehrheitlich bestandskräftig den monatlichen Kehr- und wöchentlichen Winterdienst in wechselnder Eigenleistung beschlossen, kommt einem solchen Beschluss "vereinbarungsersetzende Wirkung" zu, wenn er nicht ang efochten, damit also bestandskräftig wurde. Einem Eigentümer fehlt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines späteren gleichlautenden Beschlusses.

Hinsichtlich der vereinbarungsersetzenden Wirkung ist auf BGH, DWE 94, 140 und die ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt vom 03.04.1995 ( OLG Fran kfurt, Entscheidung v. 03.04.1995, 20 W 593/94), zu verweisen.

2. Bestätigt ein neuerlicher Beschluss ("wie bisher") eine frühere, bestandskräftige Beschlussfassung, fehlt einem früher zustimmenden Eigentümer das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des neuerlichen, gleichlautenden Beschlusses, da selbst bei Ungültigerklärung des neuen Beschlusses die Verpflichtung zu tätiger Mithilfe nach früherem Beschluss bestehen bliebe (BGH, DWE 94, 140).

3. Damit kommt es auch nicht auf die nach wie vor umstrittene Rechtsfrage an, ob eine sog. tätige Mithilfe nur allstimmig beschlossen werden kann (OLG Hamm, MDR 82, 150) oder auch durch Mehrheitsbeschluss (OLG Stuttgart, DWE 87, 99).

 

Link zur Entscheidung

( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.06.1996, 20 W 342/95= NJWE-MietR 11/1996, 251)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Damit folgt das OLG Frankfurt auch in der derzeit heftig umstrittenen Frage solcher Zitterbeschlüsse der wohl bisherigen Auffassung des BGH, des BayObLG (und auch des Unterfertigten), dass solche Beschlüsse zumindest gemeinschaftsrechtliche Vereinbarungspassagen wirksam "ersetzen" können und diese nicht nur (so die Auffassung des KG Berlin und von Weitnauer/Hauger/Lüke) "überlagern". Auch abdingbares Gesetz kann i.Ü. nach diesseits stets vertretener Auffassung durch solchermaßen bestandskräftig werdende Zitterbeschlüsse abgeändert werden. Ein solcher Zitterbeschluss hat dann Verbindlichkeitswirkung nach § 10 Abs. 3 WEG, bis er - vielleicht später einmal - durch neuerlichen bestandskräftig werdenden Beschluss aufgehoben oder geändert wird. Bei nichtigen Beschlüssen (also u.U. beschlussweisen Eingriffen in den Kernbereich dinglicher Einzelrechte, fehlender Kompetenz der Gemeinschaft zur Beschlussfassung, Verstößen gegen zwingendes Gesetz oder gegen Anstand und gute Sitten) kann selbstverständlich nicht von Zitterbeschlüssen gesprochen werden. An dieser allgemeinen Rechtsauffassung sollte sich m.E. auch in Zukunft nichts ändern, da andernfalls (bei einseitiger Änderungsantragsberechtigung auch eines einzelnen Eigentümers nach § 21 Abs. 4 WEG) erhebliche Rechtsunsicherheit entstehen dürfte.

[1999 ist dieses Thema - m.E. ohne Not - in der Literatur wieder zur Diskussion gestellt worden.]

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