5.5.1 Objektive Anknüpfung
5.5.1.1 Ehegatten
Wurde keine bzw. keine wirksame Rechtswahl getroffen, bestimmt sich das anwendbare Recht nach einer Anknüpfungsleiter. Danach ist folgendes Recht anzuwenden:
- das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen Aufenthalt haben (Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO) oder
- das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen (Art. 26 Abs. 1 lit. b EuGüVO) oder
- das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind (Art. 26 Abs. 1 lit. c EuGüVO).
5.5.1.2 Erster gemeinsamer Aufenthalt
Nicht erforderlich ist, dass die Ehegatten bereits im Zeitpunkt der Eheschließung ihren Aufenthalt in ein und demselben Staat haben. Erwägungsgrund 49 S. 2 spricht davon, dass der erste gewöhnliche Aufenthalt kurz nach der Eheschließung begründet wird. Für die Bestimmung des Güterrechtsstatuts wirkt die Begründung des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes zurück auf die Eheschließung.
Nicht geklärt ist, ob die Anknüpfung einer zeitlichen Grenze unterliegt. Weber hält einen Zeitraum für höchstens drei Monate für angemessen, da ein längerer Zeitraum zu einem nicht akzeptablen Schwebezustand führt.
Eine spätere Änderung des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes führt – vorbehaltlich einer späteren Rechtswahlvereinbarung oder der Ausweichklausel – nicht zu einer Änderung des anwendbaren Rechts.
5.5.1.3 Gemeinsame Staatsangehörigkeit
Kommt es innerhalb kurzer Zeit nach Eheschließung nicht zur Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes, ist an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten für das Güterstatut anzuknüpfen. Besitzen die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung mehrere gemeinsame Staatsangehörigkeiten, scheidet die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit insgesamt aus, Art. 26 Abs. 2 EuGüVO. Der Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1. 2 EGBGB (Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit) ist wegen des europarechtlichen Diskriminierungsverbots (Art. 18 AEUV) ausgeschlossen.
Eine spätere Änderung des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes führt – vorbehaltlich einer späteren Rechtswahlvereinbarung– nicht zu einer Änderung des anwendbaren Rechts. Die Ausweichklausel des Art. 26 Abs. 3 EuGüVO greift hier nicht.
5.5.1.4 Engste Verbindung
Hilfsweise wird durch Art. 26 Abs. 1 lit. c EuGüVO das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung am engsten verbunden sind, zur Anwendung berufen. Anders als im Art. 17 Abs. 1 lit. c des ursprünglichen Kommissionsvorschlages stellt die Vorschrift nicht mehr "insbesondere" auf den Ort der Eheschließung ab. Man wird hier auf eine gemeinsame soziale Bindung der Ehegatten durch Herkunft, Kultur, Sprache, Religion, geplantes Eheleben abstellen können.
5.5.1.5 Ausweichklausel
Grundsätzlich ist das Güterstatut – vorbehaltlich einer späteren Rechtswahl – unwandelbar. Dieser Grundsatz wird durch Art. 26 Abs. 3 EuGüVO aufgeweicht. Unter bestimmten Voraussetzungen wird dem Gericht auf Antrag eines Ehegatten erlaubt, das Recht eines anderen Staates als Güterrecht anzuwenden. Bei dieser Vorschrift dürfte es sich um eine Kompromisslösung für diejenigen Mitgliedsstaaten handeln, die das Güterstatut traditionell für wandelbar gehalten haben.
Die Ausweichklausel kann nur zur Anwendung kommen, wenn von der objektiven Anknüpfung nach Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO, d.h. des ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes, abgewichen werden soll.
Gem. Art. 26 Abs. 3 EuGüVO kann das für Fragen des Güterrechts zuständige Gericht, auf Antrag eines Ehegatten, das Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsstaates für anwendbar erklären. Der antragstellende Ehegatte muss nachweisen, dass
- die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt über einen erheblich längeren Zeitraum in diesem Staat als in dem Staat des ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes hatten (Art. 26 Abs. 3 lit. a EuGüVO) und
- beide Ehegatten bei der Planung oder Regelung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen auf das Recht dieses Staats vertraut haben (Art. 26 Abs. 3 lit. b EuGüVO).
Das Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsstaates gilt nur bei beiderseitigem Einverständnis der Ehegatten rückwirkend ab Eheschließung, sonst erst ab Begründung des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes.
Die Regelung des Art. 26 Abs. 3 EuGüVO greift jedoch nur dann ein, wenn die Ehegatten nicht schon früher, d.h. vor der Begründung ihres letzten gewöhnlichen Aufenthaltes, eine Vereinbarung über ihre güterrechtlichen Beziehungen getroffen hatten, Art. 26 Abs. 3 UAbs. 4 EuGüVO.
5.5.1.6 Eingetragene Partnerschaften
Wurde keine bzw. keine wirksame Rechtswahl getroffen, bestimmt sich das anwendbare Güterrecht nac...