Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die StA ist im OWi-Verfahren nicht zur Teilnahme an der HV verpflichtet (§ 75 Abs. 1 S. 1). |
2. |
Das Verfahren in Abwesenheit der StA unterscheidet sich vom normalen Verfahrensablauf nur geringfügig. |
3. |
Bei Abwesenheit der StA in der HV beginnt die Rechtsmittelfrist für die StA erst mit Zustellung des Urteils. |
Rdn 2531
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Hauptverhandlung, Gang der Hauptverhandlung, Rdn 2490 und → Staatsanwalt im OWi-Verfahren, Rdn 3466.
Rdn 2532
1. Im OWi-Verfahren ist die StA gem. § 75 Abs. 1 S. 1 nicht zur Teilnahme an der HV verpflichtet. Die Vertretung und Verantwortung für die Beschuldigung des Betroffenen übernimmt die StA bereits mit der Zuleitung der Angelegenheit nach Einspruch durch den Betroffenen an das Gericht, da damit die Tat zur Aburteilung gestellt wird (Göhler/Seitz/Bauer, § 75 Rn 1). Die StA hat aber das Recht, an der HV jederzeit teilzunehmen (KK/Senge, § 75 Rn 2). Ob sie ihre Mitwirkung auf das Zwischenverfahren (→ Zwischenverfahren, Rdn 4331) beschränkt oder sich auch an der HV beteiligt, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen (KK/Senge, § 75 Rn 3). Nr. 287 RiStBV enthält Kriterien, in welchen Fällen die StA an der HV teilnehmen soll (z.B. Entscheidung einer Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, Nr. 287 Abs. 2 Buchst. d) RiStBV). Eine Verpflichtung besteht auch in diesen Fällen nicht. Auch eine Mitteilung des Gerichts an die StA gem. § 75 Abs. 1 S. 2, dass es ihre Mitwirkung für angemessen hält, begründet keine Pflicht der StA zur Teilnahme.
Rdn 2533
2. Das Verfahren bei Abwesenheit der StA unterscheidet sich vom gewöhnlichen Verfahrensablauf (→ Hauptverhandlung, Gang der Hauptverhandlung, Rdn 2490) nur geringfügig:
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Anstelle der StA verliest der Richter die im Bußgeldbescheid enthaltene Beschuldigung (§ 243 Abs. 3 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1). |
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Zu einer Verfahrenseinstellung bedarf es abweichend von § 47 Abs. 2 nicht der Zustimmung der StA (§ 75 Abs. 2). Wird die HV aber vertagt und das Verfahren dann außerhalb der HV eingestellt, lebt das Zustimmungserfordernis des § 47 Abs. 2 wieder auf (LG Berlin DAR 1970, 274), sodass dann nur in den Fällen des § 47 Abs. 2 S. 2 (Geldbuße bis 100 EUR und Erklärung der StA, an der HV nicht teilzunehmen) eine Einstellung ohne Zustimmung der StA möglich ist. ☆ Der Verteidiger sollte deshalb in Fällen, die nicht von § 47 Abs. 2 S. 2 erfasst werden, darauf drängen , dass das Verfahren im Rahmen der HV eingestellt wird.drängen, dass das Verfahren im Rahmen der HV eingestellt wird. |
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Der Einspruch kann – in Abweichung von § 411 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 303 S. 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 – ebenfalls ohne Zustimmung der StA zurückgenommen werden, § 75 Abs. 2 (→ Einspruch, Rücknahme und Verzicht, Rdn 969). ☆ Verfahrenseinstellung und Einspruchsrücknahme sind auch dann ohne Zustimmung möglich, wenn die StA außerhalb der HV ihre Zustimmung ausdrücklich verweigert hat, aber an der HV entweder überhaupt nicht oder zumindest nicht in dem Verfahrensabschnitt teilnimmt, in dem das Verfahren eingestellt oder der Einspruch zurückgenommen wird ( Rebmann / Roth / Herrmann , § 75 Rn 4). Der Verzicht der StA auf Teilnahme an der HV beinhaltet jedoch keinen Rechtsmittelverzicht (KK/ Senge , § 75 Rn 10). Dies gilt auch dann, wenn die StA bereits vor dem Termin ausdrücklich auf Benachrichtigung vom Termin und Teilnahme an der HV verzichtet hat (Göhler /Seitz/Bauer , § 75 Rn 7).ohne Zustimmung möglich, wenn die StA außerhalb der HV ihre Zustimmung ausdrücklich verweigert hat, aber an der HV entweder überhaupt nicht oder zumindest nicht in dem Verfahrensabschnitt teilnimmt, in dem das Verfahren eingestellt oder der Einspruch zurückgenommen wird (Rebmann/Roth/Herrmann, § 75 Rn 4). Der Verzicht der StA auf Teilnahme an der HV beinhaltet jedoch keinen Rechtsmittelverzicht (KK/Senge, § 75 Rn 10). Dies gilt auch dann, wenn die StA bereits vor dem Termin ausdrücklich auf Benachrichtigung vom Termin und Teilnahme an der HV verzichtet hat (Göhler/Seitz/Bauer, § 75 Rn 7). |
Rdn 2534
3. Ist die StA in der HV nicht anwesend, beginnt die Rechtsmittelfrist für sie erst mit Zustellung des Urteils (Göhler/Seitz/Bauer § 75 Rn 7).
☆ Dies ist vom Verteidiger insbesondere in den Fällen, in denen dem Betroffenen ein Fahrverbot auferlegt wird, zu berücksichtigen . Das Fahrverbot wird nämlich erst dann wirksam, wenn die Rechtsmittelfrist auch aufseiten der StA abgelaufen ist bzw. Rechtsmittelverzicht durch die StA erklärt wurde. Da die Rechtsmittelfrist der StA erst mit Zustellung des Urteils beginnt, ist es demnach für den Betroffenen nicht ratsam, noch am Tag der Urteilsverkündung nach Rechtsmittelverzicht den Führerschein abzugeben. Weist der Verteidiger den Betroffenen darauf nicht hin, kann dies dazu führen, dass dieser aufgrund einer längeren Urteilsabsetzung eine über die Dauer des verhängten Fahrverbots hinausgehende Zeit ohne Führerschein ist.Fahrverbot auferlegt wird, zu berücksichtigen. Das Fahrverbot wird nämlich erst dann wirksam, wenn die Recht...