1 Anspruchsgrundlagen
Im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Zuweisung der Ehewohnung gibt es Regelungen über eine Pflicht, dafür eine Nutzungsentschädigung zu zahlen.
In der Trennungszeit kann die Nutzungsvergütung zugesprochen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht, § 1361b Abs. 3 BGB.
Die Formulierung des Gesetzes gibt dem Weichenden den Entschädigungsanspruch fast wie eine Art Trost. Der Anspruch besteht aber darüber hinaus auch in folgender Situation (LG Waldshut-Tiengen, FamRZ 1999, 1088):
Beispiel:
Frau Herbst verlässt die eheliche Wohnung. Der Mann bleibt dort. Die Frau stellt den Antrag auf Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB. Dem Antrag wird stattgegeben. Das Gericht kann nun Frau Herbst verpflichten, an ihren Mann ab Nutzung eine Vergütung zu zahlen. Es kann aber darüber hinaus auch Herrn Herbst verpflichten, an die Frau eine Vergütung für die Zeit zu zahlen, in der er die Wohnung noch nutzte, also während das Verfahren auf Zuweisung lief. Auch dieses Verfahren ist eine Familiensache.
- Bei einer Zuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz kann die Nutzungsvergütung zugesprochen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht, § 2 Abs. 5 GewSchG.
- Für die Zeit nach Scheidung kann eine Nutzungsentschädigung in der Form verlangt werden, dass der die Ehewohnung Überlassende wie derjenige, dem sie überlassen wird, die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen kann, § 1568a Abs. 5 BGB.
2 Nutzungsvergütung – Wohnwert – Unterhalt
In sehr vielen Fällen wird der Aspekt kostenlosen Wohnens in dem teilweise auch dem anderen Ehegatten gehörenden Objekt bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt und ist dann abschließend geregelt.
Beispiel:
Frau und Herr Schuster trennen sich. Frau Schuster bleibt im Haus, dass einen maßgeblichen Wohnwert von 500 EUR hat. Der Mann hat Unterhalt zu zahlen. Er verdient 3.000 EUR und zahlt monatlich 400 EUR wegen der Hauslasten. Der Mann schuldet Unterhalt in Höhe von (3.000 EUR - 400 EUR - 260 EUR [Erwerbstätigenbonus] – 500 EUR) : 2 = 920 EUR.
Damit ist die Frage einer Nutzungsvergütung abschließend geregelt. Der Mann kann nun nicht noch etwas verlangen.
3 Anspruch der Höhe nach
Für die Höhe des zu zahlenden Nutzungsentgeltes gilt Ähnliches wie für den Wohnvorteil:
- In der Trennungszeit ist abzustellen auf den Betrag, den der Verbliebene aufwenden würde, um eheangemessen zu wohnen, nach oben begrenzt auf den vollen Wohnwert, d.h., wenn er zu ½ Eigentümer ist, auf den halben Mietwert. Beim Wohnvorteil ist auf den angemessenen statt auf den objektiven Wohnwert für den gesamten Trennungszeitraum abzustellen, nicht nur das erste Trennungsjahr (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2007, 222).
- Für die Zeit nach Scheidung ist auf den objektiven Mietwert abzustellen.
Besonderheit: Erfolgte eine staatliche Förderung des Wohnungsbaus und ist deshalb die erzielbare Miete durch zwingende Regelungen nach oben begrenzt, so ist die Nutzungsentschädigung daran zu orientieren, was im Rahmen der Preisbindung nach § 80b des II. WoBauG verlangt werden kann (BGH, FamRZ 1944, 822).
Die dingliche Berechtigung ist keine Voraussetzung, um eine Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 Satz 1 BGB verlangen zu können. Es ist im Einzelfall eine Billigkeitsentscheidung vorzunehmen. Als der dinglich Unberechtigte die Wohnung verließ, der Berechtigte die gesamten Kosten dieser Wohnung trug und eine Berücksichtigung von Wohnwert usw. beim Unterhalt in Betracht kam, lehnte das OLG München, das in dieser Richtung sich für einen denkbaren Nutzungsentgeltanspruch entschied, ihn daraufhin letztlich doch ab (OLG München, OLG-Report 2007, 847).