Leitsatz
Das OLG hat sich in dieser Entscheidung insbesondere mit den Billigkeitserwägungen bei der Gewährung einer Nutzungsentschädigung auseinandergesetzt, die die aus der ehemaligen Ehewohnung, die im gemeinsamen Eigentum der Parteien stand, ausgezogene Ehefrau für die Zeit des Getrenntlebens und ab Rechtskraft der Scheidung vom Ehemann verlangte.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um die Verpflichtung des Ehemannes zur Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung ab August 2008. Sie lebten seit Dezember 2007 getrennt und waren seit dem 23.7.2009 rechtskräftig geschieden.
Die Klägerin war Ende Juli 2008 mit dem gemeinsamen Sohn der Parteien aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Der Beklagte hat am 26.7.2008 das Türschloss ausgewechselt und war seit dieser Zeit alleiniger Nutzer der Wohnung. Das im Jahre 1977 erbaute Haus, in dem sich die Wohnung befand, war gemeinsames Eigentum der Parteien. Es handelte sich um ein Dreifamilienhaus, bestehend aus zwei Etagenwohnungen und einer Dachgeschosswohnung. Die Erdgeschosswohnung wurde ehemals von den Parteien gemeinsam bewohnt, die beiden weiteren Wohnungen waren vermietet.
Mit den Mieteinnahmen und dem Erwerbseinkommen des allein berufstätigen Beklagten wurden die Betriebskosten und auch die Finanzierungskosten des Objekts getragen. Unter anderem waren auf ein von den Eltern der Klägerin eingeräumtes Darlehen an Zins und Tilgung monatlich 1.278,00 EUR zu zahlen. Hierauf leistete der Beklagte seit der Trennung 639,12 EUR.
Die von dem Beklagten bewohnte Erdgeschosswohnung hatte eine Wohnfläche von 110 qm nebst überdachter Terrasse und eine Alleinnutzung des Gartens mit Gartenhaus und einer Doppelgarage.
Der Beklagte war mit Schreiben vom 22.7.2008 erfolglos zur Zahlung von Nutzungsentschädigung aufgefordert worden. Die Klägerin begehrte erstinstanzlich eine monatliche Nutzungsentschädigung von 400,00 EUR.
Das AG hat die Klage vollständig abgewiesen und sie als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet angesehen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein isolierter Anspruch auf Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung zu. Dies komme nur als Folge einer Neuregelung der Verwaltung und Nutzung durch Beschluss nach § 745 Abs. 2 BGB in Betracht. Die Klägerin hätte daher eine Auflistung der Einnahmen und Belastungen aus dem Haus und sodann ihren anteiligen Nutzungsanspruch berechnen müssen. Außerdem hätte sie nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB auch zur Leistungsfähigkeit vortragen müssen, da eine Nutzungsentschädigung nur im Fall der Billigkeit zu zahlen sei.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie nunmehr für die Zeit der Trennung eine monatliche Nutzungsentschädigung von 200,00 EUR und für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung von monatlich 400,00 EUR begehrte.
Das Rechtsmittel der Klägerin erwies sich als erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG bejahte einen Anspruch der Ehefrau auf Zahlung von Nutzungsentschädigung gemäß § 1361b BGB während der Trennungszeit bzw. §§ 2, 3 HausratsVO für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung.
Für den Zeitraum der Trennung richte sich der Anspruch nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB als lex specialis ggü. der Vorschrift des § 745 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Hamm FamRZ 2008, 1639; OLG München, FamRZ 2007, 1655). Der Vorrang des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB gelte auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der weichende Ehegatte die Ehewohnung freiwillig verlasse und dem verbleibenden Ehegatten freiwillig zur Nutzung überlassen habe und damit die eigentliche Zuweisung der Wohnung nicht Streitgegenstand sei.
§ 1361b Abs. 3 S. 2 BGB sei auch weiterhin anwendbar, weil es sich bei der streitbefangenen Wohnung noch um die Ehewohnung der Parteien handele. Allein der freiwillige Auszug der Klägerin beseitige den Status der Ehewohnung nicht. Insoweit sei eine eindeutige und endgültige Einigung beider Ehegatten über die wesentlichen Modalitäten einer künftigen Alleinnutzung der Wohnung durch den anderen Ehegatten Voraussetzung (OLG Hamm FamRZ 2008, 1639).
Hierzu gehöre sowohl die Einigung, wer die Wohnung zukünftig nutzen werde, als auch eine Regelung, ob und ggf. in welcher Höhe eine Nutzungsentschädigung gezahlt werden müsse, worum es im vorliegenden Fall gehe.
Für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung bestehe ein Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentgelt in entsprechender Anwendung der §§ 2, 3 HausratsVO (vgl. auch hierzu OLG Hamm FamRZ 2008, 1639; OLG München, FamRZ 2007, 1655).
Zur Höhe der Nutzungsentschädigung sei sowohl für die Trennungszeit als auch für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung eine Billigkeitsprüfung vorzunehmen.
Der weichende Ehegatte könne für die Trennungszeit eine Vergütung für die Nutzung verlangen, wenn dies der Billigkeit entspreche. Maßgebend für die Billigkeitsentscheidung seien stets die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls, d.h. neben dem Mietwert seien insbesondere die Lebens- und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten und ihre bisherige Lebensgestaltung zu beachten.
F...