Leitsatz
1. Der ausgeschiedene Wohnungseigentümer haftet für Wohngeldvorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans nach der Beschlußfassung über die Jahresrechnung für den Zeitraum seiner Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft. (Leitsatz der Redaktion)
2. Haben die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich eine Wohnanlage errichtet, haften sie für die Herstellungskosten in der Regel nur anteilig und nicht gesamtschuldnerisch. Gleiches gilt für die bei der Aufteilung eines bebauten Grundstücks in Wohnungseigentum anfallenden Kosten der grundlegenden Sanierung und Renovierung eines alten Gebäudes. Gegenüber Wohngeldansprüchen kann mit den Ansprüchen aus der Durchführung solcher Baumaßnahmen nicht aufgerechnet werden.
Sachverhalt
Im März 1995 veräußerte ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum an eine Erwerberin, die alsbald im Wohnungsgrundbuch eingetragen wurde. Aufgrund bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses aus dem Ende des Jahres 1993 haben die Wohnungseigentümer den Wirtschaftsplan für das Jahr 1994 genehmigt und eine entsprechende Vorschußpflicht der einzelnen Wohnungseigentümer begründet.
Im Juli 1995 wurde die Jahresabrechnung nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 1994 durch Eigentümerbeschluß genehmigt. Der ehemalige Eigentümer ist nun der Auffassung, er müsse die Vorschüsse für das Jahr 1994 nicht entrichten, da der zugrundeliegende Eigentümerbeschluß nach seinem Ausscheiden gefaßt worden sei.
Entscheidung
Dieser Umstand konnte an der entsprechenden Zahlungspflicht nichts ändern, schließlich war der Eigentümer damals noch während des gesamten Genehmigungszeitraums Mitglied der Eigentümergemeinschaft. Weiter war zu berücksichtigen, daß sich die ursprünglich im Wirtschaftsplan festgelegten Vorauszahlungen auch nicht als überhöht erwiesen, sondern die tatsächlichen Kosten sogar noch höher waren, als die veranschlagten.
Der ehemalige Eigentümer behauptete zwar, die Erwerberin habe den vollen Betrag der tatsächlich angefallenen Kosten für die Abrechnungsperiode 1994 beglichen, konnte hiermit aber nicht durchdringen. Tatsächlich hatte die Erwerberin auch nur die Abrechnungsspitzen getilgt. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum sie denn Zahlungen für einen Zeitraum leisten sollte, zu dem sie noch gar nicht Mitglied der Eigentümergemeinschaft war.
Als neue Wohnungseigentümerin haftet sie nicht für die rückständigen Wohngeldvorschüsse des Jahres 1994, die vor ihrem Eigentumserwerb fällig geworden sind. Hätte der ehemalige Eigentümer beim Verkauf seines Teileigentums eine übernahme der offenen Wohngeldvorschüsse mit der Erwerberin vereinbart, hätte sich natürlich etwas anderes ergeben. Das war aber nicht der Fall.
Zwar wurde die Einzelabrechnung an die neue Eigentümerin gerichtet um ihr gegenüber die ausgewiesene Abrechnungsspitze geltend zu machen. Aus diesem Umstand ergab sich jedoch nicht, daß die übrigen Eigentümer den Verkäufer wegen der nicht geleisteten Vorauszahlungen aus seiner Haftung hierfür entlassen wollten.
Leitsatz zwei bringt zum Ausdruck, daß die Wohnungseigentümer für die Kosten einer grundlegenden Sanierung und Restaurierung im Bereich der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Gebäudeteile, die nach Art und Umfang Maßnahmen einer erstmaligen Herstellung der Wohnanlage gleichkommen, nicht als Gesamtschuldner haften. Konsequenz einer gesamtschuldnerischen Haftung: Jeder einzelne Gesamtschuldner bzw. Wohnungseigentümer haftet für die gesamte Bausumme und kann unmittelbar von Bauunternehmer deswegen in Anspruch genommen werden.
Bei der Errichtung eines Hauses mit Eigentumswohnungen ist jedoch die besondere Interessenlage zu berücksichtigen, daß sich jeder Wohnungseigentümer nur anteilig verpflichten will, weil das mit der gesamtschuldnerischen Haftung verbundene Wagnis regelmäßig weit über das den einzelnen Wohnungseigentümern wirtschaftlich Zumutbare hinausgehen würde. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß die einzelnen Wohnungseigentümer selten dermaßen persönlich verbunden sein werden, daß sie für den anderen im Falle der Inanspruchnahme durch den Bauunternehmer einspringen möchten.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 11.09.1997, 2Z BR 20/97
Fazit:
In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung zur Aufrechnung: Der säumige Wohnungseigentümer wollte hier mit Ansprüchen gegen einen Miteigentümer wegen der Renovierungsarbeiten gegen den von der Eigentümergemeinschaft geltend gemachten Wohngeldanspruch aufrechnen. Das war aber nicht möglich, da es an der Gegenseitigkeit der Forderungen fehlte. Der Wohngeldanspruch steht der Eigentümergemeinschaft zu, der gegenüber dem einzelnen Miteigentümer wegen der Renovierungskosten zustehende Anspruch steht jedoch eben nicht der Gemeinschaft zu, sondern nur demjenigen Wohnungseigentümer, der die anteiligen Kosten verauslagt hat.