Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Wohngeldhaftung des ausgeschiedenen Eigentümers aufgrund des Wirtschaftsplanes bleibt auch nach Beschlussfassung über die Jahresabrechnung bestehen
Bei Herstellungskosten sowie Kosten der Sanierung und Renovierung eines umgewandelten Altbaues besteht nur anteilige Zahlungspflicht der Eigentümer
Mit Ansprüchen aus der Durchführung solcher Baumaßnahmen kann nicht gegenüber Wohngeldansprüchen aufgerechnet werden (fehlende Gegenseitigkeit)
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG, § 387 BGB, § 420 BGB, § 427 BGB, § 432 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Wurden Abrechnungs-Genehmigungsbeschlüsse nach Eigentumserwerb gefasst, haftet ein Eigentümer als Rechtsnachfolger für Wohngeldrückstände aus solchen genehmigten Abrechnungen.
Aber auch aus bestandskräftigem Genehmigungsbeschluss über einen Wirtschaftsplan haftet ein ausgeschiedener Eigentümer für Vorschüsse weiterhin, da ein nach dem Eigentumswechsel erfolgter Abrechnungs-Genehmigungsbeschluss einen Wirtschaftsplan nicht aufhebt, sondern nur bestätigt (BGHZ 131, 228/231; BayObLG, WE 90, 220; Wenzel, WE 96, 442/446). Die im Wirtschaftsplan festgelegten Vorauszahlungen haben sich im vorliegenden Fall auch nicht nachträglich als überhöht erwiesen, da sich aus der betreffenden Jahresabrechnung ergeben hat, dass die tatsächlichen Kosten höher lagen, als die veranschlagten. Ein neuer Eigentümer hat nur die sog. Abrechnungsspitze der Gemeinschaft gegenüber auszugleichen. Ein Rechtsnachfolger haftet jedoch nicht für rückständige Wohngeldvorschüsse, die vor seinem Eigentumserwerb fällig geworden sind (ebenso Demharter, FG-Prax 96, 50).
Wenn in einer Einzel-Jahresabrechnung dennoch eine Vorschusszahlung ausgewiesen wird, trägt diese Art der Abrechnung allein der Tatsache Rechnung, dass der Rechtsnachfolger (an den die Abrechnung gerichtet ist) für das abgelaufene Wirtschaftsjahr nur in Höhe der sog. Abrechnungsspitze belastet werden kann. Ein Wille der Eigentümer, einen früheren Eigentümer ersatzlos aus seiner Haftung für die rückständigen Wohngeldvorschüsse zu entlasten, kann daraus nicht entnommen werden.
2. Im vorliegenden Fall ist der Zahlungsanspruch der Gemeinschaft auch nicht durch erklärte Aufrechnung des Antragsgegners erloschen. Eine Aufrechnung gegenüber Wohngeldforderungen mit Gegenforderungen gegen die Gemeinschaft ist nach absolut h.R.M. nur mit anerkannten oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen oder mit Ansprüchen aus Notgeschäftsführung zulässig. Diese Beschränkung gilt auch für ausgeschiedene Eigentümer. Vorliegend war die Aufrechnung unwirksam, weil es bereits an der Gegenseitigkeit der Forderung fehlt ( § 387 BGB). Ansprüche auf Wohngeld stehen nach § 432 Abs. 1 BGB den Eigentümern gemeinschaftlich zu mit der Maßgabe, dass Leistung nur an alle gefordert werden kann. Gegen solche Ansprüche kann dann auch nur mit Forderungen aufgerechnet werden, die sich gegen sämtliche Mitberechtigte und nicht nur gegen einzelne von ihnen richten (BGH, NJW 69, 839; BayObLG, WE 95, 350/351 und auch BGH, NJW 92, 435).
Für Bauvertragsverpflichtungen haften Eigentümer nicht als Gesamtschuldner im Sinne von § 427 BGB, sondern jeder einzelne von ihnen als Teilschuldner im Verhältnis seiner Miteigentumsanteile ( § 420 BGB). Die gesetzliche Auslegungsregel des § 427 BGB ist für die durch die Errichtung einer Wohnanlage entstehenden Verbindlichkeiten (sog. Aufbauschulden) nicht anwendbar (h.R.M.). Hier besteht nur anteilige Zahlungsverpflichtung für Herstellungskosten, weil das mit einer gesamtschuldnerischen Haftung verbundene Wagnis regelmäßig weit über das den einzelnen Eigentümern wirtschaftlich und sozial Zumutbare hinausgehen würde und auch für Auftragnehmer und Handwerker erkennbar ist, dass künftige Eigentümer dieses Wagnis nicht ohne weiteres auf sich nehmen wollen (verfestigte BGH-Rechtsprechung).
Auch im vorliegenden Fall handelte es sich um bauvertraglich entstandene Aufbauschulden im Rahmen der vereinbarten Renovierungsverpflichtungen mit grundlegender Sanierung und Restaurierung gemeinschaftlicher alter Gebäudeteile. Diese Aufwendungen nach Art und Umfang sind einer erstmaligen Herstellung gleichzusetzen, weil dadurch die historische Bausubstanz erst bewohnbar und nutzbar gemacht wurde.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert von DM 42.229.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 11.09.1997, 2Z BR 20/97)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer