Normenkette

§ 10 Abs. 3 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 56 S. 2 ZVG, § 134 BGB

 

Kommentar

1. Am 10. 6. 1994 hatte die Gemeinschaft für diverse Sanierungen am Gemeinschaftseigentum bestandskräftig eine Sonderumlage mit Fälligstellung zum 30. 6. 1994 beschlossen, in weiterem Beschluss die Fälligkeit auf 31. 7. 1994 verschoben. Zeitlich nach dem Beschluss, jedoch vor Fälligkeit der Sonderumlagezahlung, kam es am 15. 6. 1994 zum Zuschlag für einen Bieter in einem Zwangsversteigerungsverfahren und damit zu einem Eigentumswechsel. Während die Vorinstanzen die Zahlungspflicht des Erstehers/Rechtsnachfolgers verneinte, (und auf den Beschluss-Zeitpunkt abstellten), bestätigte der Senat des OLG Hamm dessen Zahlungsverpflichtung.

2. Im Sinne der h.R.M. und insbesondere auch der BGH-Rechtsprechung (vgl. BGHZ 99, 358; 104, 196) haftet ein Erwerber von Wohnungseigentum - ohne eine entsprechende Vereinbarung in der Teilungserklärung - nicht für Wohngeldrückstände des Voreigentümers. Auch für das Zwangsversteigerungsverfahren kann nicht als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass der Erwerbt einer Wohnung im Wege der Zwangsvollstreckung für Wohngeldrückstände des Voreigentümers zu haften hat (BGHZ 99, 358); eine solche Vereinbarung wäre gem. § 56 S. 2 ZVG und § 134 BGB nichtig. Die Frage eines "Wohngeldrückstandes" sowohl für monatliche Wohngeldvorauszahlungsverpflichtungen als auch für separat beschlossene Sonderumlagen kann sowohl für den rechtsgeschäftlichen Erwerb als auch für den Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung nur einheitlich beantwortet werden.

In allen Fällen haftet ein Voreigentümer nur für die bis zum Eigentumswechsel begründeten und fälligen Beitragsschulden, der Erwerber für die im Folgezeitraumfällig werdenden Beträge. Es kommt also hinsichtlich richtiger Schuldnerschaft im Sinne der h. R. M. und insbesondere der BGH-Rechtsprechung nicht auf die Entstehung einer Forderung bzw. den entsprechenden Beschluss (als Anspruchsgrundlage) an, sondern auf die Tatsache der Eigentümerstellung in dem Zeitpunkt, zu dem eine Wohngeldforderung fällig wird (a. A. und abzulehnen Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 2. Aufl., Seite 226 Rn. 120). Diese Rechtsfolge, dem neuen Eigentümer die erst während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft voll wirksam entstandene Sonderumlage(-rate) aufzuerlegen, sei auch interessengerecht; dabei müsse eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Beschlussrechts durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (für die vorliegend kein Anhalt bestehe) außer Betracht bleiben (BayObLG, RPfl. 95, 123). Nach § 10 Abs. 3 WEG bedürften Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit für und gegen Sondernachfolger auch nicht der Eintragung in das Grundbuch; Sondernachfolger sei auch der Ersteher in der Zwangsversteigerung. Ein gut beratener Biet-Interessent könne sich auch beim Verwalter vor dem Versteigerungstermin über die Beschlusslage in der Gemeinschaft informieren (ebenso wie ein rechtsgeschäftlicher Erwerbsinteressent). Da sich ein künftiger Eigentümer durch eine solche Einsichtnahme in das Beschlussbuch der Gemeinschaft in zumutbarer Weise Kenntnis von der Beschlusslage verschaffen und diese bei seiner Erwerbsentscheidung mitberücksichtigen könne, müsse er entgegen der Auffassung von Müller auch die ggf. eingetretene Unanfechtbarkeit des Sonderumlagebeschlusses hinnehmen. Diesem Ergebnis stehe auch nicht die neue Rechtsprechung des BGH, d.h. des IX. Zivilsenats vom 10. 3. 1994 (NJW 94, 1866), entgegen, da dort nur zum Konkursfall eines Eigentümers entschieden worden sei.

3. Keine Erstattung außergerichtlicher Kosten bei Geschäftswertansatz für das Verfahren Dritte Instanz von DM 10.450,-.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamm, Beschluss vom 07.03.1996, 15 W 440/95 = ZMR 6/96, 337)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Diese wieder sorgfältig begründete Entscheidung entspricht derzeit h. R. M. und auch diesseits stets vertretener Auffassung. Die zur Zeit umstrittene Frage der sog. Abrechnungsspitze (reduzierte Einzelabrechnungsschuld eines Rechtsnachfolgers bei Vorauszahlungsschulden des Voreigentümers) und damit die neue Entscheidung des V. Senats des BGH vom 30. 10. 1995 () musste im vorliegenden Fall nicht mit berücksichtigt werden, da es hier um eine fällige Sonderumlagerate ging (vergleichbar einer monatlich fälligen Wohngeldvorauszahlung nach Wirtschaftsplan). Auch auf die Rechtsprechung des KG Berlin musste insoweit nicht eingegangen werden, wenn sich in einer Einzelabrechnung (fällig nach Eigentumswechsel) saldiert auch vom Voreigentümer bei Fälligkeit nicht geleistete Sonderumlageraten befunden haben sollten. Mit diesen Fragen zum richtigen Saldo einer Einzelabrechnung nach Eigentumswechsel (zur Höhe der Nachzahlungsschuld bzw. Guthabensausweisung) wird sich der BGH sicher bald erneut zu äußern haben.

Ob sich allerdings in der Praxis das Informationsrecht eines Bieters in der Zwangsversteigerung oder auch eines rechtsgeschäftlichen Erwerbsinteressenten beim Verwalter so ohne weiteres...

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