Leitsatz
Die Kläger verlangten von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen Erstattung eines aus ihrer Sicht unrichtigen Sachverständigengutachtens in einem Umgangsverfahren, in dem dem Vater ein begleiteter Umgang mit seinen drei Kindern eingeräumt wurde. Das LG hat ihre Klage abgewiesen und dies damit begründet, es sei schon nicht feststellbar, dass die Beklagte ein unrichtiges Gutachten erstellt habe. Jedenfalls wäre ein solches vermeintlich falsches Gutachten nicht kausal geworden für den geltend gemachten Schaden.
Gegen das erstinstanzliche Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des LG, wonach den Klägern ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zustehe. Nach § 839a Abs. 1 BGB hafte ein vom Gericht ernannter Sachverständiger nur dann, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten eingereicht habe auf Schadensersatz bezüglich des Schadens, der einem Verfahrensbeteiligen durch die gerichtliche Entscheidung entstanden sei, soweit dieser auf dem Gutachten beruhe.
Es könne nicht festgestellt werden, dass das Sachverständigengutachten der Beklagten in dem Umgangsrechtsverfahren falsch sei. Das OLG war im Ausgangsverfahren zutreffend dem Gerichtsgutachten in Kenntnis des von den Klägern vorgelegten methodenkritischen Gegengutachtens gefolgt und hatte keine Veranlassung gesehen, ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hätten der Bewertung der Sachverständigen keine falschen Tatsachenfeststellungen zugrunde gelegen. Ein Schadensersatzanspruch scheitere weiterhin daran, dass das Gutachten jedenfalls nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen zwingende fachliche Grundregeln verstoßen habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Ausgangsgericht das Gutachten gebilligt habe. Im Übrigen seien unterschiedliche psychologische Sicht-und Herangehensweisen angesichts der unterschiedlichen psychologischen Schulen nicht außergewöhnlich. Es existiere keine exakte Trennlinie zwischen richtiger und falscher Bewertung.
Letztendlich scheitere ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB an der fehlenden Beantragung der persönlichen Anhörung der Sachverständigen, auch wenn die Kläger ein Privatgutachten vorgelegt und die Einholung eines Obergutachtens beantragt hätten. Die unmittelbare Konfrontation im Austausch von Rede und Gegenrede stelle ein zusätzliches effektives Instrument der Wahrheitsfindung dar.
Hiervon hätten die Kläger weder in erster noch in zweiter Instanz Gebrauch gemacht und eine Anhörung der Sachverständigen zur Aufklärung möglicher Widersprüche nicht beantragt.
Sie seien jedoch gehalten gewesen, aufgrund des auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorranges des Primärschutzes durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des ihrer Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens hinzuwirken. Als "Rechtsmittel" im Sinne der Norm sei auch der "Antrag auf Anhörung des Sachverständigen" zu verstehen.
Von dieser Möglichkeit hätten die Kläger keinen Gebrauch gemacht.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Urteil vom 27.03.2012, 4 U 11/11