Leitsatz
Geschehen bei der Ausübung freiberuflicher Tätigkeiten im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft Fehler, so haften hierfür die Partnerschaftsgesellschaft mit ihrem gesamten Vermögen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG) und alle Partner, die mit der Bearbeitung des Auftrags befasst waren (§ 8 Abs. 2 PartGG). Nur Partner die mit dem Auftrag gar nichts zu tun oder nur einen unwesentlichen Beitrag geleistet haben (z.B. bei Rechtsanwälten Antrag auf Fristverlängerung während der Abwesenheit des sachbearbeitenden Partners), haften nicht persönlich.
Der BGH hat entschieden, dass die Haftung auch den Partner trifft, der erst nach Eintritt des entscheidenden Fehlers in die Partnerschaftsgesellschaft aufgenommen wurde. Ausreichend und ausschlaggebend ist allein, dass der in Anspruch genommene Partner nach seinem Eintritt in die Partnerschaftsgesellschaft mit dem Auftrag inhaltlich befasst war, bei dem (zeitlich zuvor) der Fehler geschehen ist. Irrelevant ist hingegen, dass dieser Partner weder den Fehler verursacht hat noch ihn verhindern konnte. Der BGH begründet dies mit dem Verweis von § 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG auf § 130 HGB, wonach der neu eintretende Gesellschafter für die bestehenden Altverbindlichkeiten der Gesellschaft mit haftet.
Hinweis
Das vorliegende Urteil des BGH reiht sich zwar vom Ergebnis her in die strenge Rechtsprechung ein, hat jedoch einen ganz anderen Hintergrund als die eine Vielzahl von immer neuen Pflichten bei der Berufsausübung statuierenden Haftungsurteile. Der BGH stellt schlicht auf das gesellschaftsrechtliche Haftungssystem ab, wonach die Partner für die Gesellschaftsschulden voll mithaften (§ 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG) und der in eine Partnerschaftsgesellschaft Eintretende auch für (vorgefundene) Altverbindlichkeiten der Gesellschaft haftet (§ 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG auf § 130 HGB). Es ist eine Ausnahme dieses Haftungssystems, dass bei Verbindlichkeiten aufgrund von beruflichen Fehlern neben der Gesellschaft nur der / die Partner haften, die inhaltlich mit dem Auftrag befasst waren (§ 8 Abs. 2 PartGG). Und diese Haftungseinschränkung hebt nicht darauf ab, welche Partner den haftungsauslösenden Fehler begangen hat. Es ist ausschließlich entscheidend, wer die Angelegenheit inhaltlich bearbeitet hat, da (nur) dies für den Auftraggeber leicht feststellbar ist. Und hierfür kommt es nicht darauf an, ob dieser Beitrag eines Partners vor oder nach dem entscheidenden Fehler lag oder ob er ihn hätte verhindern können. Die Haftung der Partner, die die Angelegenheit mitbearbeitet haben, ohne den Fehler zu begehen, stellt danach eine verschuldensunabhängige Handelndenhaftung dar.
Das Urteil zeigt einmal mehr die strenge und umfassende Haftung von Freiberuflern. Gesetzgeber und Rechtsprechung gewähren nur in wenigen Einzelfällen Haftungsbeschränkungen: So ist z.B. die Haftung von Wirtschaftsprüfern im Rahmen der Abschlussprüfung gesetzlich auf 1 Mio. EUR beschränkt (§ 8 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 323 Abs. 2 HGB). Auch trifft den als Abschlussprüfer tätigen Wirtschaftsprüfer nicht die sog. Sekundärhaftung, die aus dem unterbliebenen Hinweis auf eigene Fehler und hieraus etwa resultierende Schadensersatzansprüche des Auftraggebers gegen den Architekten, Rechtsanwalt oder Steuerberater folgen kann (BGH, Urteil v. 10.12.2009, VII ZR 42/08)).
Hintergrund für diese strenge Haftung ist sicherlich auch die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, die berufsrechtlich für viele Freiberufler vorgeschrieben ist - Schadensersatzansprüche sind damit abgesichert und treffen den Schadensverursacher daher nicht direkt. Angesichts hoher und immer weiter steigender Versicherungsprämien sind stattdessen jedoch alle Freiberufler von dieser Rechtsprechung betroffen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 19.11.2009, IX ZR 12/09