Leitsatz

Auf Veranlassung eines Vorstandsmitglieds hatte sich die C-AG vertraglich dazu verpflichtet, einem Dritten für die Vermittlung eines Kontakts und für das Vorantreiben von Verhandlungen mit einer Firma ein "Beraterhonorar" in Höhe von 350.000 USD zu zahlen und hat ihm dieses Honorar auch überwiesen, obwohl es nicht zu dem gewünschten Abschluss eines Vertrages gekommen ist. Der Gesellschaft war so - ohne Gegenleistung - ein entsprechender Schaden entstanden.

 

Hinweis

Das OLG München konkretisiert die Pflichten eines Vorstandsmitglieds nach § 93 AktG (in der bis zum 31.7.2002 gültigen Fassung). Demnach liegt eine Pflichtverletzung dann vor, wenn ein Vorstandsmitglied die ihm gebotene Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht hat walten lassen. Hierzu hat der BGH in der wegweisenden ARAG/Garmenbeck- Entscheidung vom 21.4.1997 ausgeführt, dass dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte der Gesellschaft ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muss, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit nicht denkbar ist. Dazu gehören neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzung, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist (BGHZ 135, 244, 253 = ZIP 1997, 883, 885).

Dieser Rechtsprechung des BGH wurde durch die Einführung der Business Judgment Rule in dem neu formulierten Satz 2 des § 93 Abs. 1 AktG jetzt gesetzlich Rechnung getragen. Seit dem 1.12.2005 heißt es: "Eine Pflichtverletzung liegt dann nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln."

In Anlehnung an die Entscheidung des BGH hat das OLG München jetzt erneut festgestellt, dass eine Handlung dann nicht mehr von dem unternehmerischen Ermessen gedeckt sein kann, wenn das Vorstandsmitglied gegen die in der betreffenden Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze verstößt. Dabei trifft das Vorstandsmitglied gemäß § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG die Beweislast dafür, dass er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hat.

Das OLG München bejahte hier ein pflichtwidriges Verhalten, da Honorare in der betreffenden Branche - das dürfte überall so gelten - üblicherweise nur erfolgsabhängig vereinbart werden. Durch die Vereinbarung, dass hier das Honorar in jedem Fall geschuldet sein sollte, setzte sich die C-AG von vornherein dem Risiko des völligen Verlustes der 350.000 USD aus, ohne dafür eine adäquate Gegenleistung zu erhalten. Das auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommene Vorstandsmitglied konnte vor dem OLG München auch nichts Konkretes dafür vorgetragen, aus welchem Grund hier ausnahmsweise eine erfolgsunabhängige Honorierung notwendig gewesen sein sollte.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Urteil vom 10.11.2004, 7 U 3518/04

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