Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines Vorstandsmitglieds. unternehmerisches Ermessen

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Handlung ist dann nicht von dem einem Vorstandsmitglied eingeräumten Ermessen gedeckt, wenn das handelnde Organ gegen die in der betreffenden Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze verstößt.

 

Normenkette

AktG § 93 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 13.05.2004; Aktenzeichen 5 HKO 10731/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.03.2007; Aktenzeichen II ZR 19/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG München I vom 13.5.2004 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 372.309,97 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 7 % ab dem 29.6.2000 bis 30.7.2000, von 7,5 % vom 31.7.2000 bis 30.12.2000, von 8 % vom 31.12.2000 bis 31.8.2001, von 6,04 % vom 1.9. bis 29.10.2001, von 5,18 % Zinsen vom 30.10.2001 bis 14.4.2002, von 5,50 % vom 15.4.2002 bis 23.7.2002 und von 9,50 % ab dem 24.7.2002 Zug um Zug gegen Abtretung möglicher Ansprüche gegen die M. GmbH, Firmennummer oder Dritte auf Rückforderung gezahlter 350.000 USD zu zahlen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 500.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist nach Umwandlung und Verschmelzungen Rechtsnachfolgerin der C. Filmproduktions AG. In deren Vorstand saß der Beklagte als gesamtvertretungsberechtigtes Mitglied in der Zeit vom 7.6.1999 bis 30.6.2000 ein. Anschließend trat der Beklagte in deren Aufsichtsrat über, in dem er bis Ende 2002 blieb. Die Klägerin nimmt auf Grund Aufsichtsratsbeschlusses ihrer Rechtsvorgängerin vom 18.02.2002 (Anl. K 18) und Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 7.1.2003 nach Umwandlung (Anl. K 22) den Beklagten auf Ersatz des Gegenwertes von 372.309.97 EUR eines Schecks über 350.000 USD (Anl. K 20 und 21) in Anspruch. Diesen hat die bank AG in zu Lasten der C. Filmproduktions AG auf Veranlassung des Beklagten am 29.6.2000 ausgestellt und an die M. weitergeleitet als auch nach Vorlage eingelöst. Die Klägerin wirft dem Beklagten hierbei vor, die M. habe weder zur C. Fikmproduktion AG in Geschäftsbeziehung gestanden noch eine Gegenleistung dafür erbracht.

Schwerpunkt der Tätigkeiten der C. Filmproduktions AG war die Entwicklung, Realisierung und Verwertung von nationalen und internationalen Spiel- und Kinofilmen. Ab Frühjahr 2000 wollte die C. Filmproduktions AG verstärkt in Ko-Produktionen investieren. Hierzu bediente sie sich auch externer Berater, unter anderen des E. Mit diesem begab sich der Beklagte Ende Juni 2000 in die USA, um mit dem Regisseur B. und dem Regisseur-Ehepaar D. über gemeinsame Filmproduktionen zu verhandeln. Am 27.6.2000 übersandte der Beklagte ein von ihm und Leicht unterzeichnetes Faxschreiben an seinen damaligen und zwischenzeitlich verstorbenen Vorstandskollegen Prof. ... (Anl. K 4) wie folgt:

"Wir stehen in den Verhandlungen hier in Los Angeles kurz vor Abschluss des wichtigen Deals mit B. Um den Deal abschließen zu können, müssen wir auf ein anwaltschaftliches Treuhand-Konto (Escrow account) eine Anzahlung von 775.000 USD leisten, ansonsten unterzeichnet B. nicht. Die e. instruction liegt anbei ...

Dieser Betrag wird ausgezahlt, sobald er den Dir vorgestellten Vertrag unterschrieben hat. B. muss diesen Vertrag bis 30.6.2000 unterschrieben haben.

Der Betrag setzt sich zusammen aus 150.000 USD Overhead Vorauszahlung für das dritte Quartal 2000 sowie weiteren 625.000 USD Producer Fees.

425.000 USD gehen per wire transfer an: Kanzlei L. in Los Angeles, weitere 350.000 USD werden per Scheck bezahlt ..."

Beigelegt waren dem Schreiben die "Irrevocable Escrow Instructions" (Anl. B 5) und eine entsprechende firmeninterne Zahlungsanweisung (Anl. K 3), die vom Beklagten unterzeichnet war und bereits Platz für die erforderliche zweite Unterschrift von Prof. Graß auswies. In Ziffer 1. dieser Zahlungsanweisung wurden nähere Angaben zu der dann ausgeführten telegrafischen Überweisung der 425.000 USD gemacht. Ziffer 2. lautete:

"Weitere 350.000 USD (dreihundertfünzigtausend) per Bank-Scheck, zahlbar an: M., Versand per Kurier"

Nach Unterzeichnung dieser Zahlungsanweisung durch Prof. beauftragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin die bank AG, in einen Währungsorderscheck über 350.000 USD mit der Adresse "M. c/o Kanzlei B." zu Lasten ihres Kontos auszustellen und Rechtsanwalt Dr. H. gegen Legitimation auszuhändigen (Anl. K 5). Sie gab diesen Scheck nach Belastung auf ihrem Konto zum 29.06.2000 mit 728.175 DM gleich 372.309.97 EUR (Anl. K 7) am 30.06.2000 frei (Anl. K 6). Dr. H. nahm, wie er am 16.10.2000 E. mitteilte (Anl. B 7), diesen Scheck am 03.07.2000 entgegen und reichte ihn am 30.08.2000 an P., den damaligen einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der M. GmbH (Anl. B 13), weiter. Jen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge