2.1 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Soweit einzelne Pflichten seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erfüllen sind, tatsächlich aber nicht erfüllt werden, könnte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nur dann als Adressatin eines Bußgeldbescheids infrage kommen, wenn sie sich unter die Norm des § 30 OWiG subsumieren ließe. Diese Norm regelt die Möglichkeit, Geldbußen auch gegen juristische Personen und Personenvereinigungen festsetzen zu können, da nach allgemeinen Grundsätzen nur natürliche Personen straffähig sind.[1] Zu berücksichtigen ist allerdings, dass es sich bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer weder um eine juristische Person, noch einen nicht rechtsfähigen Verein, noch um eine Personengesellschaft handelt. Trotz ihrer Vollrechtsfähigkeit lässt sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht einem dieser Verbandstypen zuordnen, sondern stellt weiterhin einen Verband sui generis dar.[2] Aufgrund des auch im Bereich des Rechts der Ordnungswidrigkeiten geltenden Analogieverbots[3] scheidet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer also als Adressatin eines Bußgeldbescheids aus.[4]

[1] Lehmann-Richter, ZWE 2013, S. 341.
[2] Münchner Kommentar-WEG/Krafka, Einleitung WEG Rn. 49 ff.
[3] Lehmann-Richter, ZWE 2013, S. 341.
[4] Helmrich, NZM 2010, S. 457.

2.2 Wohnungseigentümer

Als Adressaten der Bußgeldbescheide kommen demnach die Wohnungseigentümer in Frage. Ihre Verantwortlichkeit folgt aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG. Insoweit nämlich werden die Wohnungseigentümer im Rahmen der Beschlussfassung im Geschäftskreis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf gesetzlicher Grundlage tätig, was bereits für die Annahme eines Handelns für einen anderen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG als dessen gesetzlichem Vertreter ausreicht.[1] Auch wenn der Verwalter nach § 9b Abs. 1 WEG als gesetzlicher Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fungiert, schließt dies eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit der Wohnungseigentümer nicht aus. Den Wohnungseigentümern obliegt nämlich gemäß § 19 Abs. 1, 2 Nr. 2 WEG die Beschlussfassung über die konkrete Maßnahme, deren Ausführung im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt.

[1] BGH, Beschluss v. 10.2.2009, 3 StR 372/08, NJW 2009 S. 2225 Rn. 23; Lehmann-Richter, ZWE 2013, S. 341 (342).

2.3 Verwalter

Der Verwalter kann entweder als gesetzlicher Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG oder als Beteiligter gemäß § 14 OWiG Adressat eines Bußgeldbescheids sein. Sorgt der Verwalter nicht für eine Beschlussfassung zur Umsetzung etwa nach GEG erforderlicher Maßnahmen, kann ihm im Grunde also ein Unterlassen zum Vorwurf gemacht werden. Er kommt nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG ebenfalls grundsätzlich als Täter in Betracht, da ihm als Ausführungsorgan der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Einberufung von Wohnungseigentümerversammlungen nach § 24 Abs. 1 WEG obliegt. Zwar obliegt die Beschlussfassung nach § 19 Abs. 1, 2 Nr. 2 WEG den Wohnungseigentümern, allerdings leistet der Verwalter durch sein Unterlassen einen Beitrag dafür, dass die erforderliche Maßnahme unterbleibt[1], was als Tatbeitrag ausreicht.[2]

[1] Jennißen/Zschieschack, WEG, 7. Aufl. 2021, § 27 WEG Rn. 285; Lehmann-Richter, ZWE 2013, S. 341 (342).

2.4 Obstruktives Stimmverhalten

Obstruktives Stimmverhalten kann einerseits darin liegen, z. B. einem Beschluss über nach GEG erforderlichen Maßnahmen nicht zuzustimmen oder andererseits darin, einem Beschlussantrag zuzustimmen, der nach GEG erforderliche Vorgaben missachtet.

Die Beteiligung mehrerer an einer Ordnungswidrigkeit regelt § 14 OWiG.

Im Fall obstruktiver Beschlussfassung gegen erforderliche Maßnahmen nach öffentlichem Recht kommen als Beteiligte der Ordnungswidrigkeit zunächst auch diejenigen Wohnungseigentümer in Betracht, die im einen Fall für die rechtskonforme Maßnahme gestimmt haben und im anderen Fall gegen den rechtswidrigen Beschlussantrag. Es handelt sich mithin um eine Gremiumsentscheidung. Insoweit ist jedenfalls derjenige als Beteiligter anzusehen, der durch sein Stimmverhalten seinen Beitrag dazu leistet, dass die gebotene Maßnahme unterbleibt.[1]

Im Umkehrschluss folgt daraus, dass diejenigen Wohnungseigentümer, die ihr Stimmverhalten rechtskonform ausgerichtet haben, zwar zunächst von einer Ahndung ausgeschlossen sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits das WEG den überstimmten Wohnungseigentümern durch die Beschlussersetzungsklage ein effektives Mittel an die Hand gibt, die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben auch gegen den Willen der Mehrheit durchzusetzen. Um insoweit privilegiert zu sein, müssten überstimmte Wohnungseigentümer entsprechende Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erheben. Wegen der ihr auferlegten Verfahrenskosten könnte diese anschließend die obstruktive Mehrheit in Regress nehmen.[2]

 
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