Leitsatz

Der pharmazeutische Hersteller haftet nicht für Nebenwirkungen, die bei Zulassung des Medikaments bekannt waren und als vertretbar beurteilt worden sind.

 

Sachverhalt

Das Medikament VIOXX wurde im Jahr 2004 wegen des Verdachts auf ein gesteigertes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko vom Markt genommen. Wegen einer Reihe von Beschwerden klagte erfolglos eine früher damit behandelte Patientin. Der Klägerin war aufgrund einer Halswirbel-Operation das Medikament verordnet worden. Durch die Einnahme des Medikaments sei es nach den Angaben der Klägerin zu einer Reihe von Nebenwirkungen wie Haarausfall, Bluthochdruck, Bauchschmerzen, einer Bauchspeicheldrüsenentzündung sowie einer Schädigung der Nieren gekommen.

Zwar barg das Medikament Gefahren, der Umgang der Patientin mit ihm aber auch: Das LG Baden-Baden wies die Klage in erster Instanz zurück, da die Klägerin eingeräumt hatte, das Medikament erheblich überdosiert eingesetzt zu haben. Grund: Erste Haftungsvoraussetzung ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels für den Verbraucher beim bestimmungsgemäßen Gebrauch des Medikaments aufgetreten sind. Treten beim bestimmungsgemäßen Gebrauch des Arzneimittels keine schädlichen Wirkungen auf, ist eine Haftung nach § 84 Satz 2 Nr. 1 AMG nicht gegeben.

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe war dies jedoch nicht entscheidend. Eine Haftung nach § 84 AMG sei deshalb ausgeschlossen, da der Hersteller nicht für alle aufgetretenen Nebenwirkungen hafte. Die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels wird bei der Zulassung von Amts wegen auf Grundlage einer Abwägung zwischen zu erwartendem Nutzen und gesundheitlichen Risiken festgestellt. Daher beschränkt sich die Haftung auf schädliche Wirkungen, die ein vertretbares Maß überschreiten und die bei der Zulassungsprüfung entsprechend dem damaligen Stand der Wissenschaft nicht erkannt wurden oder die Verkehrsunfähigkeit auf einem Produktionsfehler beruht.

Auch eine Verletzung der Informationspflichten nach § 84 AMG lag nicht vor. Die Klägerin litt ausschließlich an Nebenwirkungen, auf welche in der Packungsbeilage hingewiesen wurde. Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil v. 8.10.2008, 7 U 200/07.

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