Leitsatz
(Verfahrensgang: OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf)
Egal, ob große Portfolios oder Einzelkaufverträge - Verkäufer bemühen sich in der Regel um einen weitgehenden Haftungsausschluss hinsichtlich der Haftung für Sach- und Rechtsmängel an den verkauften Immobilien. Oft sind diese Haftungsausschlüsse aber unwirksam oder angreifbar, weil die notwendigen Belehrungen über die Rechtsfolgen eines solchen Haftungsausschlusses fehlen.
Fakten:
Verkäufer bemühen sich in der Regel, möglichst keine und wenn ja, nur geringe Haftungen zu übernehmen. Über die Frage "Garantie", "Beschaffenheitsvereinbarung" oder doch nur "Wissenserklärung" wird zwischen den Parteien in den Verhandlungen hart und lange gerungen. Häufig wird ein Kompromiss zwischen vollständigem Haftungsausschluss und voller Haftung durch die Vereinbarung von Haftungshöchstgrenzen (Beschränkung auf einen Haftungsmaximalbetrag, zum Beispiel den Kaufpreis, für alle denkbaren Schäden), Selbstbeteiligungen (keine Haftung, wenn die Schäden im Einzelfall unter einer bestimmten Schwelle liegen), Haftungsbaskets (Haftung nur, wenn die Schäden aus allen Gewährleistungsfällen eine bestimmte Schwelle überschreiten) und Verjährungsfristverkürzung (keine Ansprüche mehr nach beispielsweise sechs Monaten statt zwei beziehungsweise fünf Jahren) gefunden. Nach all diesen Verhandlungen wird der Gang zum Notar meist als lästige "Vorlesestunde" über etwas empfunden, was alle längst verstanden, verinnerlicht und individuell vereinbart haben.
Bei den vereinbarten Haftungsbegrezungen ist allerdings auch die Rechtsprechung zum Gewährleistungsausschluss zu beachten. Denn nach der Rechtsprechung des BGH können auch und vor allem beim Erwerb neu errichteter oder noch zu errichtender Immobilien in einem notariellen Individualvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschlüsse gemäß § 242 BGB unwirksam sein, wenn die Freizeichnung von der Gewährleistung mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen nicht eingehend erörtert worden ist. Dies gilt auch bei der Sanierung und Modernisierung von Altbauten. Der BGH hat nochmals und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Gewährleistungsausschluss auch in einem notariellen, individuell ausverhandelten Kaufvertrag nur dann wirksam vereinbart werden kann, wenn vom Notar hierüber und über dessen Rechtsfolgen ausführlich belehrt wurde. Die Belehrungspflicht entfällt auch dann nicht, wenn dem Vertragspartner aufgrund seiner Erfahrung oder von seiner Ausbildung her bekannt ist, was der Ausschluss der Gewährleistung bedeutet. Nur wenn sich der Notar persönlich davon überzeugt hat, dass sich der Erwerber über die Tragweite des Haftungsausschlusses und das damit verbundene Risiko vollständig im Klaren ist und den Ausschluss der Gewährleistung dennoch ernsthaft will, kann er von einer solchen Belehrung absehen. Die Beweislast hierfür liegt aber im Haftungsfall im Zweifel beim Veräußerer.
Um daher Haftungsrisiken "wirklich los zu sein", muss daher im Kaufvertrag nicht nur ein möglichst weitgehender Gewährleistungsausschluss aufgenommen werden, sondern auch über dessen Rechtsfolgen spätestens im Rahmen der Beurkundung ausführlich belehrt und - für spätere Beweiszwecke - diese Belehrung auch dokumentiert werden. Es empfiehlt sich, einen entsprechenden Hinweis in die Urkunde aufzunehmen. Hierfür dürfte es ausreichen, wenn der Notar in der Urkunde vermerkt, dass er über die Rechtsfolgen des Haftungsausschlusses belehrt habe und in einem Protokoll der Beurkundung, die der Notar zu seiner Urkundenrolle nehmen kann, für sich vermerkt, in welchem Umfang er belehrt hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 08.03.2007, VII ZR 130/05
Fazit:
Ein individualvertraglicher Ausschluss der Gewährleistung für Mängel beim Erwerb von Immobilien ist möglich. Es kann der Ausschluss jedweder Gewährleistung als vollständiger Haftungsausschluss vereinbart werden. Allerdings muss der Notar als neutraler Partner der Parteien darauf achten, dass die vom Haftungsausschluss betroffene Partei sich auch der Tragweite einer solchen Vereinbarung bewusst ist. Aus diesem Grund besteht eine Belehrungspflicht, die zu Beweiszwecken auch in der Urkunde selbst dokumentiert werden sollte. Fehlt eine solche Belehrung oder lässt sie sich später nicht mehr beweisen, ist der Haftungsausschluss im Zweifel unwirksam.