Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung einer Genehmigung für Stadtrundfahrten als Linienverkehr

 

Leitsatz (amtlich)

Für Stadtrundfahrten ist keine Linienverkehrsgenehmigung zu erteilen, weil sie überwiegend den Merkmalen der Ausflugsfahrt nach § 48 PBefG und nicht des Linienverkehrs nach § 42 PBefG entsprechen und deshalb nach § 2 Abs. 6 PBefG dem Gelegenheitsverkehr nach § 46 Abs. 2 Satz 2 PBefG zuzuordnen sind.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 22.06.2004)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Juni 2004 aufgehoben.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen am 22. März 2004 nach § 20 PBefG erteilte einstweilige Erlaubnis zur Durchführung von Stadtrundfahrten im Linienverkehr mit Kraftomnibussen wiederherzustellen, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die gesamten Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das erstinstanzliche und das Beschwerdeverfahren wird auf 3.835,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin betreibt seit langem Stadtrundfahrten in Hamburg. Seit 1997 hat die Antragsgegnerin ihr die Genehmigung zur Durchführung dieser Rundfahrten im Linienverkehr erteilt, zuletzt mit Verlängerungsbescheid vom 14. Januar 2004. Von der Antragstellerin werden zwei Ringlinien betrieben, die am Hauptbahnhof bzw. an den Landungsbrücken beginnen und dort auch jeweils enden. Die Busse der Antragstellerin verkehren auf beiden Linien nach einem festen Fahrplan. Auf der Strecke können die Fahrgäste an einer Reihe von Haltestellen ein- und aussteigen.

Auch die Beigeladene betreibt seit langem Stadtrundfahrten in Hamburg; bis 2002 geschah dies im Gelegenheitsverkehr. Seit 1997 hat ihr die Antragsgegnerin nach § 48 Abs. 3 Satz 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) gestattet, zusätzlich zu den Ausgangs- und Zielhaltestellen an den Landungsbrücken drei Unterwegshaltestellen zu bedienen. Hiergegen hat die Antragstellerin nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben, die noch anhängig ist (15 K 2149/04). Ferner hat sie Eilrechtsschutz beantragt, der vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden ist. Über die dagegen von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden (1 Bs 419/04). Mit Bescheid vom 21. August 2002 erteilte die Antragsgegnerin auch der Beigeladenen – befristet bis zum 31. Oktober 2003 – die Genehmigung für den Linienverkehr für eine Linie, die an den Landungsbrücken beginnt und endet. Die Linie fährt, wie die Linien der Antragstellerin, die Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt (Binnen- und Außenalster, Rathaus, Michaeliskirche, Speicherstadt) an, weist aber teilweise eine unterschiedliche Streckenführung auf. Nach erfolglosem Widerspruch hat die Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Linienverkehrsgenehmigung ebenfalls Klage erhoben, die noch anhängig ist (15 K 87/03). Auch gegen den Verlängerungsbescheid zu Gunsten der Beigeladenen vom 5. Februar 2004 erhob die Antragstellerin Widerspruch, der noch nicht beschieden ist.

Mit Bescheid vom 22. März 2004 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen, befristet vom 4. April bis 3. Oktober 2004, für ihre als Linienverkehr genehmigte Linie eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG. Sie begründete dies u.a. damit, dies sei die einzige Möglichkeit, um Unternehmen, die mit der Antragstellerin konkurrierten, einen Zutritt zum Stadtrundfahrten-Linienverkehr zu verschaffen. Denn die Antragstellerin lege seit Jahren gegen Genehmigungen, die Konkurrenten erteilt würden, Rechtsbehelfe ein. Sie, die Antragsgegnerin, sei wegen der Vorschrift des § 15 Abs. 2 PBefG daran gehindert, die sofortige Vollziehung der Genehmigungen anzuordnen. Die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis liege jedoch im öffentlichen Verkehrsinteresse. Die Strecke der Beigeladenen unterscheide sich wesentlich von jener der Antragstellerin.

Gegen die der Beigeladenen erteilte einstweilige Erlaubnis legte die Antragstellerin ebenfalls Widerspruch ein, mit dem sie – u.a. – geltend machte, es komme hierdurch zu Überschneidungen mit ihrem eigenen Linienverkehr, so dass die Erlaubnis gegen § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG verstoße. Es sei nicht zulässig, mit dem Instrument einer einstweiligen Erlaubnis den Rechtsschutz eines vorhandenen Unternehmens zu unterlaufen.

Nachdem die Antragsgegnerin unter dem 18. Mai 2004 die sofortige Vollziehung der von ihr der Beigeladenen erteilten vorläufigen Erlaubnis angeordnet hatte, beantragte die Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Erlaubnis wiederherzustellen. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 22. Juni 2004 stattgegeben: Es sei nicht zu erkennen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 PBefG hier vorlägen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass das neue Verkehrsangebot der Beigeladenen zur Verbesserung der Verkehrssituation dringend erforderlich sei, da die Streckenf...

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