Leitsatz (amtlich)

Im Stadtstaat Hamburg ist die – gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Verwaltungsprozess allein passivlegitimierte – Freie und Hansestadt Hamburg sowohl Träger der Sozialhilfe nach dem BSHG als auch Träger der Jugedhilfe nach dem SGB VIII. Es kann deshalb nicht in einem Verfahren, in dem die Stadt Hamburg – vertreten durch ein Bezirksamt – durch eine einstweilige Anordnung verpflichtet worden ist, die ungedeckten Kosten der Unterbringung eines Kleinkindes für die Dauer der Drogentherapie seiner Mutter in der Therapieeinrichtung zu übernehmen, das Bezirksamt mit der Beschwerde mit Erfolg einwenden, es handele sich um „Annex”-kosten zu der der Mutter für die Therapie gewährte Eingliederungshilfe nach §§ 39 ff BSHG, für die ein anderes Amt – die Behörde für Umwelt und Gesundheit – zuständig sei.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 15.11.2002)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. November 2002 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Aus den von der Antragsgegnerin – in diesem Verfahren vertreten durch das Bezirksamt Hamburg-Nord – dargelegten Gründen, die das Beschwerdegericht nur zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3987], ist die angefochtene Entscheidung weder abzuändern noch aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die bisher nicht gedeckten Kosten der Betreuung der Antragstellerin in der Einrichtung „Drogenhilfe Tannenhof Berlin e.V.” für die Dauer der Therapie ihrer Mutter in dieser Einrichtung zu übernehmen.

Die im Juli 2002 geborene Antragstellerin und ihre alleinerziehende Mutter befinden sich seit dem 18. November 2002 in der genannten Einrichtung, die drogenkranken Eltern(-teilen) eine sog. integrierte Drogentherapie im Zusammenleben mit ihren Kindern anbietet, die tagsüber während der Therapiesitzungen ihrer Väter und/oder Mütter in einem eigenen Kinderbereich von Fachpersonal betreut werden. Hierfür hat der zuständige Träger des Landes Berlin (Landesjugendamt) mit dem Einrichtungsträger eine Pflegesatzvereinbarung abgeschlossen (Tagesentgelt 94,98 Euro). Zwischenzeitlich hat die Antragsgegnerin, vertreten durch die Behörde für Umwelt und Gesundheit, der Mutter der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. November 2002 gemäß §§ 39, 40 BSHG Hilfe in besonderen Lebenslagen durch Übernahme der Kosten der Drogentherapie in der genannten Einrichtung vom 18. November 2002 bis 17. Mai 2003 bewilligt. Ferner übernimmt diese Behörde nach diesem Bescheid für die Antragstellerin einen Teil des sie betreffenden Pflegesatzes (58 Euro) „als Nebenkosten”.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung, die Antragsgegnerin auch zur Übernahme des restlichen Tagesentgeltes zu verpflichten, im Wesentlichen wie folgt begründet: Für die fragliche Maßnahme – gemeinsame Unterbringung von Mutter und (Kleinst-)Kind in der Einrichtung Tannenhof – bestehe unstreitig ein Hilfebedarf. Die Mutter der Antragstellerin erhalte für ihre – durch die Behörde für Umwelt und Gesundheit gebilligte – stationäre Drogentherapie Eingliederungshilfe. Bei einem Ausbleiben der Übernahme der restlichen Kosten für die Unterbringung und Betreuung der Antragstellerin im Tannenhof müsste diese Therapie abgebrochen oder die Antragstellerin anderweitig untergebracht werden. Beides sei unzumutbar. Nach dem Konzept der Einrichtung, die die drogenabhängigen Väter und Mütter u.a. auch bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Aufgaben unterstütze, habe die Betreuung der Kinder während der stationären Therapie auch eine erzieherische Komponente. Insoweit könne ein Anspruch auf Hilfe durch Übernahme eines Teils der Kosten am ehesten auf § 19 SGB VIII (Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder) gestützt werden.

Aus den mit der Beschwerde vorgebrachten Gründen ist die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht abzuändern und der Antrag auf Übernahme der streitigen Kosten abzulehnen. Damit zieht das Bezirksamt Hamburg-Nord, welches hier die Antragsgegnerin vertritt, nicht in Zweifel, dass ein Hilfebedarf betreffend die Unterbringung und zeitweise Betreuung der Antragstellerin während der stationären Drogentherapie ihrer Mutter in der Einrichtung Tannenhof besteht – die Maßnahme also erforderlich bzw. geeignet ist. Ebensowenig bestreitet die Beschwerde, dass die „Drogenhilfe Tannenhof Berlin e.V.” als geeigneter Träger für die Therapie anzusehen sei. Der mit der Beschwerde erhobene Einwand gegen die Höhe des Tagespflegesatzes, den das Land Berlin (Landesjugendamt) auf der Grundlage der mit dem Einrichtungsträger geschlossenen Vergütungsvereinbarung mit Entgeltmitteilung vom 1. August 2001 auf 94,98 Euro festgesetzt...

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