Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenwerbung an Taxen ist zulässig

 

Leitsatz (amtlich)

Das Verbot nach außen wirkender Eigenwerbung an Taxen (§ 26 Abs. 3 BOKraft) ist nicht – mehr – mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, nachdem der Verordnungsgeber in § 26 Abs. 4 BOKraft Fremdwerbung auf den seitlichen Fahrzeugtüren von Taxen generell zugelassen hat.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Urteil vom 18.08.1999)

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 30.06.2005; Aktenzeichen 3 C 24.04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. August 1999 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 6.Januar 1997 und der Widerspruchsbescheid vom 20. März 1997 rechtswidrig gewesen sind.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in Hamburg eine Funkvermittlung für Taxenaufträge. Sie begehrt die Feststellung, dass die ihr von der Beklagten auferlegte Verpflichtung, dafür zu sorgen, Werbeaufkleber auf ihrem Unternehmen angeschlossenen Taxen entfernen zu lassen, rechtswidrig gewesen ist.

Im Jahre 1996 beschloss die Klägerin, nach ihren Angaben im Zusammenwirken mit der Firma …, eine Werbeaktion für eine Veranstaltung namens „1. Taxi Hamburg-Trophy Los Angeles – Chicago” entlang der bekannten amerikanischen Bundesstraße „Route 66” vom 20. April bis zum 10. Mai 1997. Aus Anlass dieser Aktion reichte die Klägerin Aufkleber in 30 cm Breite und 8 cm Höhe, die auf schwarzem Grund in 5 cm hohen, gelben Lettern den Schriftzug „66 66 66” sowie in 0,5 cm hohen Buchstaben über jeder „66” das Wort „Route” und darunter „mit Wohnmobilen”, „mit Motorrädern” sowie „Info: Telefon …” aufwiesen, an die ihrer Funkvermittlung angeschlossenen Taxiunternehmen weiter. Diese befestigten die Aufkleber gegen Entgelt nach außen gerichtet an ihren Fahrzeugen. Bei der Zahlenfolge „66 66 66” handelt es sich um die Telefonnummer der Klägerin für die Entgegennahme von Fahraufträgen.

Aufgrund von Beschwerden anderer, nicht an die Vermittlung der Klägerin angeschlossener Taxenunternehmen und einer Mitteilung der Polizei wies die Beklagte die Klägerin durch einen mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid vom 6. Januar 1997 darauf hin, dass das nach außen gerichtete Anbringen der Aufkleber nach § 26 Abs. 3 und 4 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) ordnungswidrig sei. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, bis zum 10. Februar 1997 in geeigneter Weise dafür zu sorgen, dass die angeschlossenen Taxenunternehmer den Aufkleber an ihren Fahrzeugen entfernten; anderenfalls sehe sie sich gezwungen, gegen die Klägerin sowie die betreffenden Taxiunternehmen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Klägerin nach dem Erscheinungsbild der Werbung in erster Linie für ihre Funktaxivermittlung werben wolle. Die Werbung für die Funkzentrale stelle eine verbotene Eigenwerbung der betreffenden Taxiunternehmer mit Blick auf die nicht an die Funkzentrale der Klägerin angeschlossenen Konkurrenten dar.

Die von der Beklagten angeführten Bestimmungen des § 26 Abs. 3 und 4 BOKraft lauten:

„(3) Nach außen wirkende Eigenwerbung an Taxen und Mietwagen sowie, vorbehaltlich des Absatzes 4, jede andere als die nach dieser Verordnung vorgeschriebene Kenntlichmachung oder Beschriftung ist unzulässig.

(4) Fremdwerbung an Taxen und Mietwagen ist nur auf den seitlichen Fahrzeugtüren zulässig. Politische und religiöse Werbung an Taxen ist unzulässig.”

Die Klägerin erhob Widerspruch, mit dem sie im Wesentlichen geltend machte: Bei dem Aufkleber handele es sich nicht um Eigenwerbung für sie, die Klägerin, sondern um Fremdwerbung für die Firma … Selbst Werbung für sie, die Klägerin, stelle für die beteiligten Taxiunternehmen Fremdwerbung dar, weil diese lediglich in geschäftlicher Beziehung zu ihr stünden. Außerdem fänden die Regelungen der BOKraft sowie des Personenbeförderungsgesetzes auf sie keine Anwendung, weil sie selbst keine entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen betreibe. Schließlich werde im Zuge von Liberalisierungstendenzen die Eigenwerbung in anderen Bundesländern bereits in weitem Umfang zugelassen, so auch im Umland von Hamburg. Die gleichzeitige restriktive Handhabung im Pflichtfahrgebiet Hamburg führe zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen in den Randstadtteilen und damit verbundenen drastischen Umsatzeinbußen der Hamburger Taxiunternehmen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 1997, der Klägerin zugestellt am 26. März 1997, zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klägerin sei als Zweckveranlasserin zu Recht aufgeforder...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge