Entscheidungsstichwort (Thema)
Baugenehmigung zur Errichtung von vier Windenergieanlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Maßstab für die im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigenden Störungswirkungen des bewegten Schattenwurfs einer Windenergieanlage für ein Wohngebäude kann nur an eine tatsächlich zu erwartende und nicht an eine astronomisch mögliche Beschattungsdauer anknüpfen. Dabei sind Windrichtung, Sonnenscheindauer und Betriebszeiten nach statistischen Wahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen.
2. Die schattenmindernde Wirkung von Hindernissen wie z.B. Bäumen und Häusern zwischen Wohngebäude und Windenergieanlage ist zu berücksichtigen, wenn ihr Fortbestand dauerhaft zu erwarten ist.
3. Es bleibt offen, ob die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) unter dem 13. März 2002 veröffentlichten Richtwerte für die Zeiten der Beschattung schutzwürdiger Räume zutreffend hergeleitet sind. Die dabei als tatsächliche Beschattungszeiten enthaltenen Werte von 8 Stunden jährlich und 30 Minuten täglich sind – als Einwirkung über die Fenster derselben Wohneinheit berechnet – jedenfalls nicht zu hoch. Als Richtwerte für die Beschattung von Außenwohnbereichen oder sonstigen Freiflächen auf Wohngrundstücken erscheinen sie nicht geeignet.
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 14.12.1999) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1999 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die jeweilige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung von vier Windenergieanlagen.
Zusammen mit seiner Familie bewohnt der Kläger die südliche Hälfte eines ehemaligen Bauernhauses, das als Doppelhaus ausgebaut wurde. Dieses befindet sich auf dem 3.215 qm großen Flurstück … der Gemarkung … und ist … … belegen. Das Grundstück – im folgenden als Grundstück des Klägers bezeichnet – unterliegt einschließlich des Gebäudes dem Wohnungseigentumsgesetz. Die südliche Hälfte des Doppelhauses steht im jeweils hälftigen Sondereigentum des Klägers und seiner Ehefrau. Beide verfügen wiederum je zur Hälfte über einen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück. Südwestlich der Doppelhaushälfte ist das Grundstück mit einer bis zur Traufe etwa 5 m hohen Holzscheune bebaut. Nördlich des Grundstücks auf der anderen Seite des … führt die Autobahn 24 in einem Abstand von etwa 400 m vorüber.
Die von der Beigeladenen bereits errichteten vier Windenergieanlagen liegen südwestlich des Grundstücks des Klägers im rückwärtigen Bereich des … auf den Flurstücken 88 bis 91. Sie sind in einer geraden Linie in etwa nach Süden ausgerichtet. Die der Doppelhaushälfte des Klägers am nächsten gelegene Windenergieanlage 1 weist zur Doppelhaushälfte einen Abstand von etwa 470 m auf. Der Abstand der Windenergieanlage 2 beträgt etwa 670 m. Die beiden übrigen Anlagen mit den Nummern 3 und 4 liegen etwa 890 m bzw. 1.130 m entfernt. Auf einem zwischen diesen Anlagen und dem Grundstück des Klägers vorhandenen anderen Grundstück befindet sich eine Baumreihe, die die Sicht auf diese Anlagen zum Teil einschränkt.
Das Grundstück des Klägers und das des Vorhabens sind im Baustufenplan Bergedorf II (erneut festgestellt am 14. Januar 1955) als „Grünflächen (Außengebiet)” ausgewiesen.
Mit dem am 4. November 1994 bei der Beklagten eingegangenen Antrag strebte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die vier Windenergieanlagen an. Jeder dieser baugleichen Anlagen sollte aus einem konischen Stahlrohrturm mit einem dreiblättrigen Rotor bestehen. Als Nabenhöhe waren 50 m bei einer maximalen Gesamthöhe einschließlich Rotor von 70,50 m vorgesehen. Der Durchmesser des Rotors sollte 41 m betragen.
Diese Anlagen genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Dezember 1994 und gab der Beigeladenen unter Nr. 7 der Nebenbestimmungen gleichzeitig auf, dass der Immissionswert von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) beim Betrieb der Anlagen einzuhalten sei.
Seit Dezember 1995 sind die vier Windenergieanlagen in Betrieb.
Mit Schreiben vom 2. Mai 1996 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Baugenehmigung: Von dem Vorhaben gingen unzumutbare Belästigungen durch Geräusche und Lichteffekte aus. Die auf die Rotorblätter treffenden Sonnenstrahlen bewirkten auf dem Grundstück des Klägers starke Blendwirkungen.
Anlässlich der von der Beklagten durchgeführten Ortsbesichtigung erklärte der Kläger persönlich, dass seine Belästigung von den Sonnenstrahlen herrühre, die durch die sich bewegenden Rotorblätter fielen. Eine Blendwirkung
(Lichtre...