Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Vorschüsse fällig sind. Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung.
Fakten:
Der Verwalter machte im Jahr 2009 unter anderem Hausgeldrückstände eines Wohnungseigentümers aus dem Wirtschaftsplan der Wirtschaftsperiode 2005 geltend. Diese Rückstände stützte er auf die Jahresabrechnung 2006, in der neben der Abrechnungsspitze auch die Rückstände aus dem Wirtschaftsplan aufgeführt waren. Der Wohnungseigentümer erhob daraufhin die Einrede der Verjährung.
Im Ergebnis waren die Beitragsrückstände aus dem Wirtschaftsplan der Wirtschaftsperiode des Jahres 2005 tatsächlich verjährt. Der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Zahlung der in einem beschlossenen Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem diese aufgrund des Abrufs durch den Verwalter zu leisten sind. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt folglich am Ende des Jahres, in dem der jeweilige Vorschuss fällig war.
Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung für die Vorschussansprüche. Der Beschluss über die Jahresabrechnung wirkt anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrags, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sogenannte Abrechnungsspitze).
Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, bleiben hierdurch unberührt. Dies gilt insbesondere für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse und unabhängig davon, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 01.06.2012, V ZR 171/11BGH, Urteil vom 1.6.2012 – V ZR 171/11
Fazit:
Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt also nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl aufgrund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch aufgrund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären. Wie § 28 Abs. 2 WEG verdeutlicht, haben die Wohnungseigentümer ihren Beitrag zu den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums in erster Linie durch Vorauszahlungen zu erfüllen. Bei diesen handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt. Der Vorschussanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG bleibt auch nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung und selbst dann unverändert bestehen, wenn es zu einer Abrechnung überhaupt nicht kommt. Der besondere Charakter des Vorschussanspruchs nach § 28 Abs. 2 WEG erklärt sich daraus, dass es sich bei den Vorschüssen um das zentrale Finanzierungsinstrument der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt. Nur die laufenden Vorauszahlungen gewährleisten, dass die für die Bewirtschaftung der Anlage notwendigen Mittel bereitstehen.
Die Jahresabrechnung dient demgegenüber nicht der Ermittlung des "eigentlichen" Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten.