Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 45 Abs. 1 WEG, § 264 ZPO
Kommentar
1. Hat das Amtsgericht einem vom Verwalter ohne Ermächtigung nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG namens der Wohnungseigentümer gestellten Antrag wegen Fehlens der Ermächtigung nicht stattgegeben, ist ein vom Verwalter namens der Wohnungseigentümer gegen die amtsgerichtliche Entscheidung eingelegtes Rechtsmittel zulässig.
Nicht erforderlich ist, dass der Verwalter hierzu innerhalb der Rechtsmittelfrist von den Wohnungseigentümern zur Rechtsmitteleinlegung ermächtigt wurde. Grundsätzlich kann ein Verwalter Rechtsmittel für Wohnungseigentümer nur einlegen, wenn er hierzu ermächtigt ist; von der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass Personen, die als Vertreter an einem Verfahren beteiligt sind, und denen in einer Entscheidung die Vertretereigenschaft abgesprochen wurde, Rechtsmittel zu dem Zweck einlegen können, den Streit über die Vertretungsmacht rechtskräftig entscheiden zu lassen. Dies gilt auch für WE-Verwalter. Vorliegend ergab sich die Ermächtigung i.Ü. aus einem bestandskräftigen Wohnungseigentümerbeschluss.
2. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung ist eine Parteiänderung grundsätzlich als Klageänderung anzusehen. Die Zulässigkeit eines Klägerwechsels richtet sich in Erster und Zweiter Instanz nach § 264 ZPO. Dementsprechend ist in sog. Streitsachen nach dem WEG auch in Zweiter Instanz ein Wechsel der Antragsteller dergestalt möglich, dass anstelle der Wohnungseigentümer nunmehr der Verwalter als Verfahrensstandschafter Ansprüche gegen einen Wohnungseigentümer geltend macht.
Ein Antrag kann auch im Beschwerdeverfahren erhöht werden; insoweit sind ebenfalls die §§ 263ff. ZPO entsprechend anzuwenden. Vorliegend war die Erweiterung des Antrages analog § 264 Nr. 2 ZPO auch noch in der Beschwerdeinstanz möglich.
3. Da der Antragsgegner hier die geltend gemachte Wohngeldforderung mit dem Argument nicht möglicher Nachvollziehbarkeit bestritt, sei vom Tatsachenbericht noch die Grundlage für das Zahlungsbegehren abzuklären, weshalb die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen war. Ein Abrechnungseigentümerbeschluss muss die für den einzelnen Wohnungseigentümer sich ergebende Zahlungsverpflichtung betragsmäßig ausweisen. Ein Beschluss nur über die Jahresgesamtabrechnung genügt nicht; beschlossen werden müssen auch Einzelabrechnungen (BayObLG, ständige Rechtsprechung, vgl. NJW-RR 89, 1163).
Ist der erforderliche Beschluss gefasst, so bildet er die Grundlage für die Zahlungsverpflichtung; nicht erforderlich ist, dass er bestandskräftig geworden ist; die Verbindlichkeit verliert er erst, wenn er rechtskräftig für ungültig erklärt ist ( § 45 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG). Somit müssen noch vor dem Landgericht Jahresgesamtabrechnungen und Wirtschaftsplan sowie Einzelabrechnungen und Einzelwirtschaftsplan für den Antragsgegner und die dazu ergangenen Eigentümerbeschlüsse zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden (weitere Sachverhaltsaufklärung).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 18.08.1994, 2Z BR 79/94)
Zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren