1 Leitsatz
Ist bei einer Wohnungseigentumsanlage mit verschiedenen Ausstattungen zur Verbrauchserfassung der anteilige Verbrauch einer oder mehrerer Nutzergruppe(n) entgegen § 5 Abs. 7 Satz 1 HeizkostenV nicht mit einem separaten Wärmemengenzähler vorerfasst worden, entspricht die Abrechnung der Heizkosten in der Regel dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Ermittlung des Verbrauchs im Wege einer rechnerisch zutreffenden Differenzberechnung unter Berücksichtigung der ermittelten Verbrauchsdaten erfolgt.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 2 Satz 1 WEG; §§ 5 Abs. 7, 6 Abs. 2, 9a HeizkostenV
3 Das Problem
In einer Wohnungseigentumsanlage wird der Wärmeverbrauch in den Wohnungen zum Teil durch Wärmemengenzähler, zum Teil durch Heizkostenverteiler ermittelt. Eine Vorrichtung zur Vorerfassung des anteiligen Gesamtverbrauchs der jeweils gleich ausgestatteten Wohnungen gibt es nicht. In der Eigentümerversammlung vom 18.12.2017 genehmigen die Wohnungseigentümer gem. § 28 Abs. 5 WEG a. F. die Jahresabrechnung. Dagegen geht Wohnungseigentümer K vor. Er rügt, die Wärmekosten seien entgegen § 5 Abs. 7 HeizkostenV verteilt worden.
4 Die Entscheidung
Dies sieht der BGH nicht anders! Allein eine den Anforderungen der HeizkostenV genügende Jahresabrechnung entspreche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung (Hinweis u. a. auf BGH, Urteil v. 15.11.2019, V ZR 9/19, Rn. 8). Bei Erstellung der Jahresabrechnung sei aber gegen die HeizkostenV verstoßen worden. Es fehle nämlich die in § 5 Abs. 7 Satz 1 HeizkostenV vorgeschriebene Vorerfassung. Danach sei der Anteil jeder Nutzergruppe am Gesamtverbrauch durch einen gesonderten Zähler zu messen. Eine Verbrauchsermittlung durch Differenzberechnung, bei der der Anteil einer Nutzergruppe am Gesamtverbrauch erfasst und der Anteil der anderen Nutzergruppe durch Abzug des gemessenen Anteils vom Gesamtverbrauch errechnet werde, sei keine Messung.
In diesem Fall sei allerdings nicht nach § 9a HeizkostenV vorzugehen. Diese Bestimmung sei nicht anwendbar. Vielmehr sei der Abrechnung eine Differenzberechnung zugrunde zu legen, wie sie der BGH als Grundlage für das Kürzungsrecht des Mieters akzeptiert habe. Bei dieser Vorgehensweise sei es zwar nicht auszuschließen, dass sich wegen nicht erfasster Wärmeverluste etwaige Verteilungsfehler vergrößern und einseitig zulasten einer Nutzergruppe auswirken. Das sei aber regelmäßig hinzunehmen, da auch die rechnerische Ermittlung auf dem tatsächlichen Nutzerverhalten beruhe und nach dem Zweck der Heizkostenverordnung einer Abrechnung nach dem Flächenmaßstab grundsätzlich vorzuziehen sei. Die Wohnungseigentümer könnten zudem die Auswirkungen möglicher Verteilungsfehler dadurch begrenzen, dass sie gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV die Kosten nicht vollständig nach dem Verhältnis der erfassten Anteile am Gesamtverbrauch aufteilen. Der einzelne Wohnungseigentümer habe im Übrigen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Anspruch, dass die HeizkostenV einhalten werde.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um eine Wohnungseigentumsanlage, bei der die durch § 5 Abs. 7 HeizkostenV vorgeschriebene Vorerfassung (noch) nicht stattfindet. Dann könnte man nach § 9a HeizkostenV vorgehen. Diesen Weg wollte das LG gehen. Der BGH findet den Weg über eine Differenzberechnung näher am tatsächlichen Verbrauchsverhalten. Und das ist auch so.
Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung
Der BGH weist darauf hin, dass jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat, dass diese sich an die Vorgaben der HeizkostenV hält. Jeder Wohnungseigentümer kann daher, liegt kein Fall des § 11 HeizkostenV vor, eine Ausstattung verlangen, die eine Vorerfassung ermöglicht.
Mietrecht
Im Mietrecht ist auch eine Differenzberechnung anzustellen. Dort hat der Mieter als Nutzer aber nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV die Möglichkeit, den auf diese Weise "errechneten" Betrag um 15 vom Hundert zu kürzen. Ein Wohnungseigentümer hat dieses Recht nicht.
6 Entscheidung
BGH, Urteil v. 16.9.2022, V ZR 214/21