Die Ausnahmetatbestände des § 11 HeizKV beziehen sich sowohl auf die Versorgung mit Wärme (Abs. 1), als auch auf die Versorgung mit Warmwasser (Abs. 2). Der Verordnungsgeber hat bei Vorliegen der Voraussetzungen eines der Tatbestände des § 11 HeizKV die Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung als nicht wirtschaftlich erachtet und daher die zwingende Anwendung verneint. Liegt eine der Ausnahmen des § 11 HeizKV vor, besteht auch keine Ausstattungspflicht mit Erfassungsgeräten, sodass Ersatzverfahren gemäß § 9a HeizKV nicht zur Anwendung kommen.

2.5.1 Passivhaus (§ 11 Abs. 1 Nr. 1a HeizKV)

Durch die zum 1.1.2009 in Kraft getretene Änderung der HeizKV wurde zusätzlich zu den bereits bestehenden Ausnahmen eine weitere eingeführt. Danach sind Räume in besonders energieeffizienten Gebäuden – das sind solche, die einen Heizwärmebedarf von weniger als 15 kWh/m2 pro Jahr aufweisen – von der Verbrauchserfassungspflicht und verbrauchsabhängigen Abrechnung betreffend die Wärmeversorgung ausgenommen. Hierbei handelt es sich um die sog. Passivhäuser bzw. Niedrigenergiehäuser. Sie verfügen über eine derartig gute Wärmedämmung und sind so luftdicht gebaut, dass auf eine herkömmliche Heizungsanlage verzichtet werden kann. Die Kosten für die Verbrauchserfassung wären höher als die zu erwartenden (geringen) Energieeinsparungen, die sich durch Messungen, die das Verbraucherverhalten beeinflussen sollen, erzielen ließen. Die Anwendung der HeizKV würde zu keinem nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil oder zu einer deutlichen Einsparung von Primärenergie führen.

Nach der Begründung des Verordnungsgebers soll diese Regelung schon beim Bau von Gebäuden bzw. bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern einen Anreiz geben, den sog. Passivhausstandard zu erreichen. Denn je besser der energetische Standard eines Gebäudes, desto geringer ist der Einfluss des Nutzerverhaltens auf den Energieverbrauch. Unter diesen Umständen lässt sich der Aufwand für die verbrauchsabhängige Abrechnung nicht mehr durch die Energieeinsparung ausgleichen.

 
Achtung

Unterscheiden: Wärme- und Warmwasserversorgung

Für Passivhäuser gelten die Bestimmungen der HeizKV insoweit nicht, als sie sich auf die Versorgung mit Wärme beziehen. Was die Versorgung mit Warmwasser betrifft, kommen für die Verbrauchserfassung und Abrechnung jedoch die Vorgaben der HeizKV zum Tragen.

2.5.2 Unmöglichkeit/Unwirtschaftlichkeit der Anschaffung (§ 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizKV)

Technische Unmöglichkeit

Entweder ist die Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung selbst oder die Kostenverteilung des Wärmeverbrauchs nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden.

Die erste Variante bezieht sich auf diejenigen Fälle, in denen Räume bzw. Nutzereinheiten nicht mit der notwendigen technischen Ausstattung zur Verbrauchsmessung ausgerüstet werden können. Das gilt z. B. dann, wenn eine sog. Einrohrheizung vorhanden ist[1], oder auch bei Fußbodenheizungen, die mehrere Einheiten einer Ebene versorgen.[2] Selbst wenn sich nur ein geringer Teil der verbrauchten Heizwärme über Ausstattungen zur Verbrauchserfassung ermitteln lässt, kann eine Ausnahme gegeben sein.[3] Die Unmöglichkeit der Verbrauchserfassung muss sich aus technischer Sicht ergeben.

 
Achtung

"Erschwert" ist nicht "unmöglich"

Das Anbringen von Erfassungsgeräten im Sinne dieser Verordnung ist dann nicht unmöglich, wenn es durch Einbauten und Verkleidungen lediglich erschwert wird.

Unverhältnismäßig hohe Kosten

Der zweite Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizKV liegt vor, wenn die verbrauchsabhängige Kostenverteilung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Bis zum Inkrafttreten dieser Regelung war der Begriff der "Unverhältnismäßigkeit" in der HeizKV gar nicht definiert. Die Bewertung, wann eine Investition in die Verbrauchserfassung unverhältnismäßig hoch war, erfolgte immer anhand des Einzelfalls. Dazu musste ein Vergleich zwischen den Installationskosten für die Erfassungsgeräte und den Mess- und Abrechnungskosten einerseits sowie den durch die verbrauchsabhängige Abrechnung eingesparten Kosten andererseits durchgeführt werden.[4] Strittig war, auf welchen Zeitraum sich die Berechnung der Einsparungen beziehen sollte. Zum Teil wurde die Auffassung vertreten, dass auf die Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes abzustellen ist. Andere Auffassungen knüpften an die "Lebensdauer" der Erfassungsgeräte an.

Auf diese Streitfrage kommt es seit dem Inkrafttreten der Neufassung der HeizKV nicht mehr an. Der Verordnungsgeber hat nunmehr selbst in § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizKV diesen Streit beigelegt: Demnach liegen unverhältnismäßig hohe Kosten vor, wenn sie nicht durch die Einsparungen, die i. d. R. innerhalb von 10 Jahren zu erzielen sind, erwirtschaftet werden können. Der Begriff der "unverhältnismäßig hohen Kosten" bezieht sich damit auf die regelmäßige Nutzungsdauer der Ausstattung zur Verbrauchserfassung.[5]

Schon das AG Hannover hat 2008 den Einbau von Wärmezählern als unwirtschaftlich betrachtet, wenn sich die Aufwendungen für die Ausstattung des Gebäudes nicht innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren durch die Ersparnis erwirtschaften lassen.[6]

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