Neben dem Geräteausfall können andere Gründe vorliegen, die einem Geräteausfall gleichzusetzen sind, das heißt, dass eine Nachholung der Verbrauchserfassung objektiv unmöglich ist. Beispiele dafür sind diese Fälle:
- Nutzer verweigert Mitarbeitern von Servicefirmen Zutritt zu den Räumen,
- Nutzer reagiert nicht auf Terminvorschläge,
- Ablesung erfolgte nicht, da sie vergessen wurde,
- es wurde zwar abgelesen, aber die Zuordnung der Erfassungswerte bzw. -geräte wurde vertauscht,
- es wurde zwar korrekt abgelesen, die Unterlagen sind aber abhanden gekommen, ohne dass sie wiederbeschafft werden können (zum Beispiel durch Wasserschaden, Brand, Diebstahl).
Fehlende Erfassungsgeräte
Kommt ein Vermieter seiner Verpflichtung zur Anbringung von Erfassungsgeräten nicht (rechtzeitig) nach, kann er sich nicht auf das Ersatzverfahren nach § 9a HeizKV berufen. Es liegt dann kein zwingender Grund im Sinne der Vorschrift vor. Vielmehr muss er als Verteilerschlüssel auf die Wohnfläche zurückgreifen und eine Kürzung nach § 12 HeizKV in Kauf nehmen.
Vermeidbare Hindernisse oder das Unvermögen des Gebäudeeigentümers scheiden aus, da sie nicht zwingend sind. So wurde die unterlassene Reparatur eines Geräts nicht als zwingender Grund für die Anwendung des Ersatzverfahrens angesehen. Infrage kommen lediglich solche Gründe, die nach objektiven Gesichtspunkten dem Geräteausfall gleichzusetzen sind. Darüber hinaus darf eine Nachholung der Verbrauchserfassung, das heißt eine zeitnahe Ablesung, objektiv nicht möglich sein.
In der Praxis schwierig zu handhaben sind die Fälle, in denen ein Mieter der Messdienstfirma, die die Ampullen austauschen soll, wiederholt, das heißt über mehrere Abrechnungszeiträume hinweg, die Tür nicht öffnet. Auch wenn Heizkörper durch Einbaumöbel verstellt sind, sodass sich die Heizkörper nicht erreichen lassen, liegt ein zwingender Grund im Sinne des § 9a HeizKV aus Sicht des Vermieters vor. Was jedoch bei dauerhafter Unmöglichkeit der Verbrauchserfassung passieren soll, ist strittig. Zum Teil wird vertreten, das eine Dauerschätzung erfolgen kann. Nach anderer Auffassung dürfen Ersatzverfahren jedoch nicht mehrmals, das heißt mehrere Abrechnungszeiträume hintereinander, angewendet werden.
Als Lösung für solche Fälle, in denen die Verbrauchserfassung dauerhaft unmöglich ist, kann auch auf § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizKV verwiesen werden. Danach liegt unter anderem eine Ausnahme für die Verpflichtung zur Verbrauchserfassung von Räumen vor, wenn die Erfassung des Wärmeverbrauchs nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist. So kann zum Beispiel bei verbauten Heizkörpern der Kostenaufwand für das Freilegen unverhältnismäßig hoch sein.
Als zwingenden Grund für die Anwendung des Ersatzverfahrens hat der BGH auch folgenden Sachverhalt gewertet: Der in eine Heizkostenabrechnung eingestellte Ablesewert erschien dem Mieter zu hoch, sodass er die Nachzahlung nicht leistete. Daraufhin verklagte der Vermieter den Mieter. Nach Auffassung eines Sachverständigen konnte der abgelesene Wert jedoch aus physikalischen Gründen nicht zutreffen, deshalb hat der BGH entschieden, dass dies ein zwingender Grund sei, um das Schätzverfahren anzuwenden.
Die Frage, ob das Schätzverfahren auch dann zum Einsatz kommt, wenn einer der Vertragspartner den "zwingenden Grund" zu vertreten hat – der Mieter verweigert den Zutritt, der Vermieter unterlässt die Ablesung –, ist strittig. Unabhängig vom Verschulden soll es für den Anwendungsbereich des § 9a HeizKV lediglich darauf ankommen, ob aus technischer Sicht die Verbrauchserfassung nicht möglich und auch zeitnah nicht nachholbar ist.
Ungeeichte Messgeräte
Ein zwingender Grund im Sinne des § 9a HeizKV kann ebenfalls vorliegen, wenn zwar Erfassungsgeräte vorhanden sind, aber die Eichgültigkeit abgelaufen ist. Zwar lassen sich auch mit abgelaufenen Geräten Werte feststellen, diese sind jedoch nach den Bestimmungen des Mess- und Eichgesetzes nicht verwertbar (§ 37 Abs. 1 MessEG). So liegt gemäß § 60 MessEG eine Ordnungswidrigkeit dann vor, wenn Messwerte eines nicht (nach)geeichten Geräts angegeben oder verwendet werden. Dieser Verstoß wird mit einem Bußgeld bis zu 50.000 EUR geahndet.
Andererseits hat der BGH zugelassen, dass unter bestimmten Umständen Werte nicht geeichter Geräte verwendet werden durften. Das gilt dann, wenn die Geräte noch ordnungsgemäß funktionieren und der Vermieter mit einem Prüfbericht einer staatlich anerkannten Prüfstelle für Messgeräte oder einem Sachverständigengutachten darlegen kann, dass die Verkehrsfehlergrenzen eingehalten sind. Fraglich ist insoweit, ob diese Auffassung des BGH aus dem Jahr 2010 noch aufrechterhalten werden kann, denn das Mess- und Eichgesetz wurde zum 1.1.2015 und ein weiteres Mal zum 15.6.2021 neu geregelt. Eine Entscheidung des LG Limburg besagt, dass ein Verstoß gegen § 33 Abs. 1 MessEG nur dann zivilrechtliche Folgen haben kann, wenn diese Bestimmung als ein Verbotsgesetz zu verstehen wäre (§ 134 BGB: Ein Rechtsgeschä...