Leitsatz
Diese Entscheidung des OLG Celle befasste sich insbesondere mit der Frage der Darlegungs- und Beweislast für ehebedingte Nachteile bei der Herabsetzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Mai 1987 geheiratet. Ihre beiden gemeinsamen Kinder - Zwillinge - wurden ebenfalls im Mai 1987 geboren und seit der Trennung alleine von der Ehefrau betreut. Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 16.11.1995 geschieden. Mit Urteil vom 11.7.1996 war der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 923,90 EUR verurteilt worden. Er erstrebte unter Berufung auf § 1578b Abs. 1 BGB die Beendigung seiner Unterhaltsverpflichtung ab Mai 2009.
Die Ehefrau hatte, bevor sie ihren späteren Ehemann kennen lernte, die für das beabsichtigte Lehramtsstudium erforderliche Mittelstufenprüfung erfolgreich abgelegt. Noch vor der Eheschließung war sie in die beginnende Immobilientätigkeit ihres Ehemannes einbezogen worden, nach der Eheschließung kümmerte sie sich im Wesentlichen um die Betreuung der gemeinsamen Zwillinge. Nach der Scheidung - die Kinder waren neun Jahre alt - nahm sie das Studium für das Lehramt mit erfolgreichem Abschluss auf. Das zweite Staatsexamen bestand sie jedoch nicht, zu diesem Zeitpunkt wäre aus Altersgründen eine Verbeamtung nicht mehr möglich gewesen.
Seit Abschluss des Studiums arbeitete sie bei einem freien Gymnasium.
Sie machte geltend, dass sie bei einer nur durch die Eheschließung und Familiengründung verhinderten zeitnahen Aufnahme des Studiums aus einer Tätigkeit als beamtete oder zumindest im öffentlichen Schuldienst angestellten Gymnasiallehrerin ein um mehr als den titulierten Unterhaltsbetrag höheres Einkommen erzielen würde.
Der Ehemann wandte ein, wegen des bereits bei Eheschließung erreichten Alters der Beklagten von 29 Jahren habe nicht davon ausgegangen werden können, dass sie noch die Stellung einer beamteten Gymnasiallehrerin hätte erreichen können. Erstinstanzlich wurde seiner Klage auf Beendigung seiner Unterhaltsverpflichtung ab Anfang Mai 2009 stattgegeben. Dabei war das AG davon ausgegangen, dass ehebedingte Nachteile von der Beklagten nicht nachgewiesen worden seien.
Hiergegen richtete sich deren Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung weiterverfolgte.
Entscheidung
Das Rechtsmittel der Ehefrau hatte in der Sache Erfolg und führte in Änderung des amtsgerichtlichen Urteils zur voll umfänglichen Abweisung der Klage.
Die Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung des titulierten nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Beklagten gemäß § 1578b BGB seien in keinem Fall gegeben. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend dargelegt, dass und warum sie fortwirkende ehebedingte Nachteile erlitten hätte, ohne dass der danach beweisbelastete Kläger dies widerlegt hätte.
Die Beklagte habe substantiiert, plausibel und überzeugend dargetan, nach dem Tod ihres ersten Ehemannes den konkreten Plan eines Studiums für das höhere Lehramt verfolgt zu haben. Dieses Vorhaben habe in ihrer - neben der erforderlichen Berufstätigkeit erfolgten - Teilnahme an entsprechenden Sprachkursen an der Universität und dem erfolgreichen Ablegen der für sie insofern erforderlichen Mittelschulprüfung im Jahre 1984 auch äußerlich greifbaren Ausdruck gefunden.
Es liege auf der Hand, dass sie angesichts des anschließenden Kennenlernens des Klägers, der Verlegung des Wohnsitzes in eine gemeinsam erworbene und betriebene Immobilie, ihre Mitwirkung an der neuen geschäftlichen Tätigkeit des Klägers sowie ihrer Schwangerschaft und der Heirat ihre Studienpläne nicht unmittelbar weiter verfolgt habe.
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass den von der Beklagten substantiiert dargelegten ehebedingten Nachteilen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten sei, jedenfalls habe er für die Grundlagen seiner abweichenden Beurteilung keinen Beweis angetreten.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Urteil vom 18.05.2010, 10 UF 9/10