Leitsatz

Hat sich ein Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vorbehaltlos bereit erklärt, seine Sondernutzungsfläche für den Stellplatz eines anderen Wohnungseigentümers teilweise zur Verfügung zu stellen, und hält er sich daran auch mehrere Jahre, dann kann seinem Herausgabeverlangen der Einwand widersprüchlichen Verhaltens entgegenstehen.

 

Fakten:

Einem Wohnungseigentümer wurde das Recht eingeräumt, die Sondernutzungsfläche anderer Wohnungseigentümer als Stellplatz zu nutzen. Mehr als sechs Jahre nach der Einräumung dieses Rechts begehren die Wohnungseigentümer nunmehr die Herausgabe dieser Sondernutzungsfläche. Dieses Herausgabeverlangen verstößt hier jedoch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, denn die Einräumung des Rechts zur Stellplatznutzung erfolgte ohne jegliche Einschränkung oder irgendwelche Vorbehalte, die darauf hätten schließen können, die Erklärung der Einräumung gelte nur vorläufig bis zu einem entsprechenden Widerruf. Schließlich haben sich die Wohnungseigentümer auch über sechs Jahre an ihre Erklärung gebunden gehalten. Es widerspricht also den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn sie sich nunmehr von ihrer Erklärung loslösen wollen, da sich der die Sondernutzungsfläche als Stellplatz nutzende Eigentümer natürlich auch auf eine weitere Nutzung eingerichtet hatte.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 04.11.1999, 2Z BR 140/99

Fazit:

An dem Umfang und Bestand des Sondernutzungsrechts der Wohnungseigentümer ändert sich hierdurch natürlich nichts. Dem Herausgabeanspruch der Wohnungseigentümer steht jedoch der Einwand widersprüchlichen und treuwidrigen Verhaltens entgegen.

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