Entscheidungsstichwort (Thema)
SITZVERTEILUNG. Wahlanfechtung
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Wahlanfechtung auf die Sitzverteilung in einer Gruppe beschränkt, so muß die Wahl auch auf andere Wahlfehler überprüft werden, weil die richtige Verteilung der Sitze nur aufgrund einer gültigen Wahl ermittelt werden kann; werden Wahlfehler erkannt, so dann die Wahl aber nicht insgesamt für ungültig erklärt werden, weil der Antragsteller auch im Wahlanfechtungsverfahren den Streitgegenstand durch seinen Antrag bestimmt.
Normenkette
HPVG § 22
Tatbestand
I.
In der Zeit vom 28. bis zum 29. Juni 1988 wurde der Gesamtpersonalrat der Lehrer beim Staatlichen Schulamt für den Odenwaldkreis neu gewählt. Laut Wahlausschreiben vom 18. April 1988, das am 3. Mai 1988 ausgehängt wurde, sollte Gruppenwahl stattfinden, in der Gruppe der Beamten sollten zehn Vertreter, in der Gruppe der Angestellten ein Vertreter gewählt werden.
Ausweislich der Niederschrift über das Wahlergebnis vom 4. Juli 1988, die am 8. Juli 1988 zum Aushang an den Schulen versandt worden ist, erhielten von den 595 gültigen Stimmen in der Beamtengruppe bei zehn Stimmenthaltungen die Liste 3 – VBE – 129 Stimmen, die Liste 4 – GEW – 307 Stimmen und die Liste 5 – DLH/U -149 Stimmen. Der Gesamtwahlvorstand teilte nach § 24 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 WO – HPVG 1988 der Liste 3 zwei, der Liste 4 fünf und der Liste 5 drei Sitze zu.
Die Antragstellerin (Liste 4), die nach eigenen Angaben eine im Bereich des Staatlichen Schulamtes für den Odenwaldkreis vertretene Gewerkschaft ist, hat die Wahl mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 20. Juli 1988, bei dem Verwaltungsgericht in Darmstadt eingegangen am 22. Juli 1988, in der Gruppe der Beamten angefochten. Nach ihrer Auffassung ist § 24 Abs. 1 WO-HPVG 1988 verfassungswidrig, weil diese Vorschrift nicht sicherstelle, daß ein Wahlvorschlag, auf den die absolute Mehrheit der Stimmen entfallen sei, auch die Mehrheit der zu verteilenden Sitze erhalte. Eine Mehrheitssicherungsklausel, wie sie § 5 Abs. 3 WO-HPVG 1988 für die Verteilung der Sitze auf die einzelnen Gruppen vorsehe, fehle bei der Zuteilung der Sitze auf die einzelnen Vorschlagslisten im Rahmen des § 24 WO-HPVG 1988 nach einer Gruppenwahl. Dadurch werde die Sitzverteilung mehrheitsverfälschend und undemokratisch, wie die angefochtene Wahl zeige. Im neugewählten Gesamtpersonalrat bestehe eine „Patt”-Situation, obwohl ihre, der Antragstellerin, Liste 52,2 % (richtig: 52,4 %) der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten habe.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die Wahl des Gesamtpersonalrats der Lehrer beim Staatlichen Schulamt für den Odenwaldkreis hinsichtlich der Verteilung der Sitze auf die an der Sitzverteilung der Gruppe der Beamten teilnehmenden Wahlvorschläge für ungültig zu erklären.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben keine Anträge gestellt.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – hat den Antrag mit Beschluß vom 10. November 1988 – L 1666/88 – abgelehnt und in den Gründen im wesentlichen ausgeführt:
Die Wahlanfechtung sei zulässigerweise auf einen Teil der Feststellung des Wahlergebnisses beschränkt worden. Das führe im Erfolgsfalle dazu, daß die Wahl hinsichtlich des angefochtenen Teils in der Gruppe der Beamten für ungültig erklärt werde „und der nach § 18 WO 1988 zu bildende (vgl. § 22 Abs. 2 WO 1988) Wahlvorstand den für ungültig erklärten Teil der Wahl, z.B. hier die Verteilung der Sitze auf die Vorschlagslisten und die sich daran anschließende Verteilung der Sitze auf die Bewerber in der Reihenfolge ihrer Benennung (vgl. §§ 24 Abs. 3, 25 Abs. 3 WO 1988), wiederhole.” Dem Gericht stehe lediglich eine Kassationsbefugnis zu, nicht aber auch das Recht, im Wege der „Berichtigung des Wahlergebnisses” selbst die dem Wahlvorstand vorbehaltene Feststellung des Wahlergebnisses vorzunehmen.
Die Wahlanfechtung sei nicht begründet, weil der Wahlvorstand das Wahlergebnis in Anwendung von § 24 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 WO-HPVG 1988 zutreffend ermittelt habe. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestünden gegen die Gültigkeit dieser Vorschriften keine Bedenken, sie verstießen nicht gegen höherrangiges Recht.
Weder die Verhältniswahl als solche (vgl. § 16 Abs. 4 Satz 1 HPVG 1988) noch das Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare/Niemeyer (vgl. § 24 Abs. 1 WO-HPVG 1988) seien verfassungsrechtlich zu beanstanden. Mit dem genannten Stimmenverteilungsverfahren brauche keine sog. Mehrheitssicherungsklausel verbunden zu sein, in dem Umstand, daß § 5 Abs. 3 WO-HPVG 1988 bei der Verteilung der Sitze im Personalrat auf die Gruppen der in der Dienststelle Beschäftigten eine derartige Klausel enthaltet liege kein Systembruch. Vielmehr handele es sich um unterschiedliche Sachverhalte, nämlich einmal um die Aufteilung der Sitze auf die Gruppen, aus denen sich das gesamte Personalvertretungsorgan zusammensetze, und zum anderen um die Verteilung der Sitze innerhalb dieser Gruppen aufgrund des Wahlergebnisses.
Gegen diesen ihren Bevollmächtigten am 23. De...