Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitgeber. Arbeitsverhältnis. Auflösung. Ausbildungsverhältnis. Beruf. Ausbildung. Dauerstelle. Jugendvertreter. Organisationsplan. Stellenplan. Weiterbeschäftigung. Zumutbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das zwischen einem Jugendvertreter und dem Arbeitgeber nach den §§ 9 Abs. 2 BPersVG, 65 Abs. 2 HPVG als begründet geltende Arbeitsverhältnis ist aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Für die bei der Zumutbarkeitsentscheidung zu beantwortende Frage, ob zur Zeit der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses freie Stellen zur Verfügung standen, kommt es nicht notwendig auf einen Organisations- und Stellenplan an. Fehlt ein solcher Plan, so kann sich auch aus anderen Umständen ergeben, daß ausbildungsbezogene freie Dauerstellen nicht zur Verfügung standen. Dabei ist auch der Bedarf an Arbeitskräften des Ausbildungsberufs zu berücksichtigen.

2. Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nur bezogen auf die Dienststelle/Einrichtung, bei dem das Mitglied der Jugendvertretung seine Berufsausbildung erhalten hat (st.Rspr.).

 

Normenkette

BPersVG § 9 Abs. 2, 4; HPVG § 65 Abs. 2, 4

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 30.09.1996; Aktenzeichen 6 PB 16.96)

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller sucht die Auflösung eines gemäß § 9 Abs. 2 BundespersonalvertretungsgesetzBPersVG – in Verbindung mit § 65 Abs. 2 Hessisches PersonalvertretungsgesetzHPVG – mit dem Beteiligten zu 1. begründeten Arbeitsverhältnisses zu erreichen.

Der Beteiligte zu 1. war Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung der Philipps-Universität Marburg, der Beteiligten zu 3.. Mit Schreiben vom 27. Juli 1994 teilte der Präsident der Philipps-Universität dem Beteiligten zu 1. mit, daß dieser nach Abschluß der Ausbildung zum Feinmechaniker mangels einer entsprechenden Stelle nicht weiter beschäftigt werden könne und das Ausbildungsverhältnis daher spätestens mit Bestehen der Prüfung ende. Mit Schreiben vom 11. August 1994, eingegangen bei der Philipps-Universität am 17. August 1994, beantragte der Beteiligte zu 1. für die Zeit nach Ende seiner Ausbildung die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dies lehnte die Philipps-Universität mit Schreiben vom 19. August 1994 ab. Der Beteiligte zu 1. wiederholte seinen Antrag unter dem 19. November 1994. Mit Schreiben vom 24. Januar 1995 wurde auch dieser Antrag von dem Präsidenten der Philipps-Universität Marburg abschlägig beschieden. Am 26. Januar 1995 schloß der Beteiligte zu 1. seine Ausbildung mit der Gesellenprüfung im Ausbildungsberuf Feinmechaniker-Handwerk ab.

Am 02. Februar 1995 hat der Präsident der Philipps-Universität das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet mit dem Ziel, daß das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beteiligten zu 1. und der Philipps-Universität aufgelöst wird. Er hat vorgetragen, zu dem Zeitpunkt, als der Beteiligte zu 1. seine Ausbildung beendet habe, also am 26. Januar 1995, seien alle Stellen, die für eine Beschäftigung von Feinmechanikern genutzt worden seien, besetzt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt seien auch keine disponiblen Stellen frei gewesen.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, daß das mit dem Beteiligten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst ist.

Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1. hat vorgetragen, unmittelbar nach Abschluß seiner Berufsausbildung habe sich eine freie besetzbare Feinmechaniker-Meisterstelle im Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie im Besetzungsverfahren befunden. Eine weitere MTL-Stelle sei für einen Hausmeister ab 01. Mai 1995 frei. Darüber hinaus sei eine Hausmeisterstelle nach Vergütungsgruppe BAT VII ebenfalls frei. Zwei Leerstellen der Vergütungsgruppen BAT VII und VI b BAT seien vorhanden. Im Bereich der Umstrukturierung und des Verkaufs des Fernheizwerkes seien ebenfalls zumindest bis 31. Dezember 1995 8 Stellen frei. Im Fachbereich 15 sei eine MTL-Stelle nicht besetzt. Dem Antragsteller wäre es zumutbar gewesen, den Beteiligten zu 1. unter Berücksichtigung der freien Stellen in anderen Bereichen weiterzubeschäftigen.

Der Beteiligte zu 2. hat den Antrag für unbegründet gehalten.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit Beschluß vom 29. Mai 1995 stattgegeben und festgestellt, daß das mit dem Beteiligten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe seinen Antrag zutreffend umgestellt, weil das Arbeitsverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten zu 1. bereits begründet gewesen sei, als am 02. Februar 1995 der Antrag bei Gericht eingegangen sei. Das Begehren habe schon zu diesem Zeitpunkt nur auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerichtet sein können. Für den Auflösungsantrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, denn der Beteiligte zu 1. halte an seinem Übernahmeverlangen fest. Der Antrag sei auch begründet, denn dem Antragsteller stehe ein ...

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