Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsverhältnis. Beruf. Ausbildung. Fortsetzungsverlangen. Jugendvertreter. Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die verbindliche Feststellung, ob infolge des Weiterbeschäftigungsverlangens des ehemaligen Jugend- und Auszubildendenvertreters ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet gilt oder nicht, trifft das Verwaltungsgericht im Beschlußverfahren.

2. Der Ausgang eines verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahrens kann sich auf eine vor dem Arbeitsgericht erhobene Bruttolohnklage des ehemaligen Jugend- und Auszubildendenvertreters auswirken, weil die von dem Verwaltungsgericht nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses getroffene, dem Feststellungsantrag des Arbeitsgebers stattgebende Entscheidung auf den Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zurückwirkt und den Eintritt der Fiktion des § 65 Abs 2 HPVG verhindert.

3. Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nur bezogen auf die Dienststelle oder die Einrichtung des Ausbildungsträgers, bei der das frühere Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung seine Berufsausbildung erhalten hat (Aufrechterhaltung der Rechtsprechung des Senats, zuletzt mit Beschluß vom 7. Dezember 1988 – HPV TL 3847/88).

 

Normenkette

HPVG § 26 Nr. 4, § 54 Abs. 3 Sätze 2-3, § 65 Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, daß zwischen ihm und der Beteiligten zu 1. nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses kein Arbeitsverhältnis begründet wurde.

Die Beteiligte zu 1. trat am 1. September 1985 als auszubildende Bauzeichnerin in die Dienste des Antragstellers ein. Der Ausbildungsvertrag war bis zum 31. August 1988 befristet. Am 15. Juli 1988 bestand die Beteiligte zu 1. die Abschlußprüfung, so daß das Ausbildungsverhältnis an diesem Tage endete. Seit dem 14. Mai 1987 ist die Beteiligte zu 1. Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung des Hessischen Straßenbauamtes Gießen.

Nachdem der Antragsteller der Beteiligten zu 1. am 23. September 1987 mitgeteilt hatte, daß er nicht beabsichtige, mit ihr ein Arbeitsverhältnis einzugehen, verlangte die Beteiligte zu 1. Mit Schreiben vom 9. Mai 1988 vom Hessischen Landesamt für Straßenbau ihre Übernahme in ein Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit nach Abschluß der Berufsausbildung.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 1988, beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eingegangen am 30. Juni 1988, hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet, wobei in diesem Schriftsatz als Antragsteller der Präsident des Hessischen Landesamtes für Straßenbau genannt wird. Mit Beschluß vom 13. Dezember 1988 (Aktenzeichen: PV-L/I-70/88) hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Sache an das Verwaltungsgericht Gießen verwiesen.

Der Antragsteller hat darauf hingewiesen, dem Hessischen Landesamt für Straßenbau stehe die Vertretungsbefugnis sowohl bei Abschluß, Änderung oder Beendigung von Arbeits-, Berufsausbildungs- und Praktikantenverträgen als auch bei der Prozeßvertretung zu. Eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1. sei ihm nicht zumutbar, da beim Straßenbauamt Gießen am Tage der Prüfung der Beteiligten zu 1. kein weiterer Bedarf für eine Bauzeichnerin bestanden habe. Am Prüfungstage seien im Straßenbauamt Gieren 68 Beschäftigte des einfachen und mittleren technischen Dienstes, davon 19 Bauzeichner beschäftigt gewesen. Auch im -übrigen Bereich der Hessischen Straßenbauverwaltung seien zum Stichtag keine besetzbaren Haushaltsstellen des einfachen oder mittleren Dienstes vorhanden gewesen. Landesweit seien am 15. Juli 1988 nur beim Hessischen Straßenbauamt Marburg und beim Hessischen Straßenbauamt Kassel je eine Stelle eines Bauzeichners unbesetzt gewesen. Bei sieben Straßenbauämtern, einschließlich des Hessischen Landesamtes für Straßenbau, seien Ende Mai 1988 insgesamt elf Stellen für Bauzeichner ausgeschrieben worden. Die Beteiligte zu 1. habe sich um keine dieser freien Stellen beworben. Alle Stellen seien inzwischen besetzt worden. Im übrigen könne der Beteiligten zu 1. ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht landesweit, sondern allenfalls bezogen auf die Dienststelle, bei der sie ihre Ausbildung erhalten habe, zustehen; eine Verpflichtung, für sie eine Planstelle oder einen Arbeitsplatz zusätzlich einzurichten, bestehe nicht.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beteiligten zu 1. und dem Land Hessen nach Ablauf der Ausbildungszeit am 15. Juli 1988 nicht begründet wurde.

Die Beteiligten zu 1., 2. und 3. haben beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Beteiligte zu 1. hat vorgetragen, sie sei bis zum 8. August 1988 arbeitslos gewesen. Anschließend habe sie bei verschiedenen privaten Baufirmen gearbeitet; seit dem 11. April 1989 sei sie aufgrund einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Gießen wieder beim Hessischen Straßenbauamt beschäftigt. Sie wolle auch im öffentlichen Dienst bleiben.

Die Beteiligten zu 1., 2. und 3. haben einer vom Antragsteller beantragten Änderung des Rubrums, welche sie für ein...

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